FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2025
Schwierige Entscheidung Verbraucher können zwischen Rentenversicherungen mit oder ohne eingepreiste Provisionen wählen. Eine aktuelle Studie zeigt, dass viele in der konkreten Situation nicht rational entscheiden. G efühlt streiten Vermittlerverbände, Po- litiker und Verbraucherschützer schon seit Jahrzehnten über ein Provisionsverbot imVertrieb von Finanz- und Versicherungs- produkten. Ein solches Verbot würde viele Kunden von einer Beratung abschneiden, argumentieren die einen. Die anderen ent- gegnen, dass Vermittler bei einer Honorar- beratung keinen Anreiz mehr hätten, Pro- dukte mit überhöhten Provisionen zu empfehlen. Diese Provisionsgegner haben viele Unterstützer in Brüssel, wenngleich die frühere EU-Finanzkommissarin Mai- read McGuinness im April 2023 ihre Ankündigung revidierte, im Rahmen der Kleinanlegerstrategie ein Zuwendungsver- bot für Finanzprodukte einzuführen. End- gültig vom Tisch ist ein solches Verbot aber nicht, es könnte in den Trilog-Verhandlun- gen jederzeit wieder zum Thema werden. Doch was wollen die Verbraucher selbst eigentlich? In der jüngst vorgelegten Studie „Wert unabhängiger Versicherungsberatung“ sind Matthias Beenken und Lukas Linnen- brink, beide Professoren an der Fachhoch- schule Dortmund, der Frage nachgegan- gen, ob es „eine grundsätzliche Akzeptanz von externalisierten Vergütungen für Bera- tung und Vermittlung von Versicherungs- anlageprodukten gibt“. Experiment mit Avatar Dazu setzten sie zusammen mit dem Marktforschungsinstitut Heute und Mor- gen ein zweiteiliges Online-Experiment mit 2.034 Verbrauchern auf. Diese wurden von einem mit künstlicher Intelligenz ge- nerierten Avatar beraten und erhielten das Angebot, eine Rentenversicherung mit Bruttotarif für 100 Euro im Monat oder eine günstigere Nettotarif-Variante für 95 Euro monatlich, aber zuzüglich eines Honorars, abzuschließen. Dabei wurden die Probanden in sechs Gruppen aufgeteilt: Drei wurden jeweils ohne Begründung xe Honorare in Höhe von 500 Euro, 900 Euro und 1.300 Euro genannt (Experiment 1). Drei weiteren Gruppen (Experiment 2) wurden die Ho- norare (500, 900 und 1300 Euro) mit unter- schiedlichem Arbeitsaufwand begründet. Nominell entsprach die Ersparnis mit Net- totarifen durch die geringere Einzahlung über 20 Jahre Laufzeit in Summe 1.200 Euro. „Der Barwert der nominal 1.200 Euro Beitragsersparnis beträgt jedoch unter der Prämisse, dass diese fünf Euro monatli- cher Ersparnis zusätzlich in einem Brutto- vertrag mit e ektiv 3,5 Prozent Zins ange- legt werden könnten, tatsächlich nur 866,42 Euro“, schränken die Autoren ein. Keine Rechnung, bitte! Das Ergebnis der beiden Versuchsrun- den: Verbraucher wollen in der Mehrheit keine Nettotarife. 64,7 Prozent der Teilneh- mer aller drei Gruppen in Experiment 1 wählten die Provisionsvariante – wenn- gleich es im Detail Unterschiede gab. So » Den meisten fällt es schwer, den Wert einer unabhängigen Beratung zu erkennen. « Matthias Beenken, FH Dortmund Viele Verbraucher prüfen beim Ein- kaufen kritisch die Zutaten und die Preise von Lebensmitteln. Beim Ab- schluss von Altersvorsorgeprodukten handeln sie dagegen ausgesprochen irrational, wie eine Studie ergab. FONDS & VERSICHERUNG Nettopolicen 266 fondsprofessionell.de 2/2025 FOTO: © PROSTOCK-STUDIO | STOCK.ADOBE.COM
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