FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2025

entschieden sich immer noch 54,4 Prozent derjenigen, die nur 500 Euro zahlen sollten, trotzdem für den teureren Bruttotarif. Um- gekehrt entschieden sich 21 Prozent derje- nigen, die 1.300 Euro zahlen sollten, gegen den günstigeren Bruttotarif. Bei dem Ange- bot des Honorars von 900 Euro, bei dem sich die Kosten von Brutto- und Nettotari- fen kaum unterscheiden, votierten 60 Pro- zent der Teilnehmer für den Bruttotarif. Wird Verbrauchern das Honorar mit einem entsprechenden Zeitaufwand be- gründet, führt das nicht zu einer höheren Akzeptanz des Honorars. Über alle drei Gruppen des Experimentes 2 entschieden sich 64,1 Prozent für den Brutto- und 35,9 Prozent für den Nettotarif – kaum ein Unterschied zu den Ergebnissen der ersten Versuchsanordnung. „Größere Anteile der Probanden und Probandinnen entscheiden sich nicht so, wie es rational zu erwarten wäre“, lautet das lapidare Fazit der beiden Wissenschaftler. Kein rationales Verhalten Dieses Urteil unterstreichen weitere An- gaben der Teilnehmer. Die meisten erklär- ten auf Nachfrage, sie hätten für ihre Ent- scheidung einen Vergleich der nominellen Ersparnis durch einen Nettota- rif vorgenommen – mit einem Barwertvergleich waren o en- bar (fast) alle überfordert. „Es wird an dieser Stelle deutlich, dass selbst ein relativ einfacher Nominalvergleich, der hier zu einer rational richtigen Ent- scheidung geführt hätte, eine nennenswerte Anzahl der Pro- banden zu überfordern scheint“, kommentieren die beiden Au- toren die Antworten. Gegen Provisionsverbot Warum aber handeln die Teilnehmer so? Die beiden Pro- fessoren nennen dafür keine Gründe, sie verweisen lediglich auf eine weitere Nachfrage: „Ob die Stu- dienteilnehmer einkalkulierte oder externa- lisierte Vermittlungskosten für attraktiver halten?“ Hier war eine abgestufte Antwort mit „auf jeden Fall“ oder „eher“ möglich. Das Ergebnis fällt eindeutig aus: Über alle Gruppen favorisieren 70,7 Prozent der Teil- nehmer, dass die Kosten in der Versiche- rungsprämie enthalten sind. Allerdings gibt es immerhin einen erkennbaren Zusam- menhang mit der geforderten Honorar- höhe. Je üppiger das Honorar, desto eher werden einkalkulierte Kosten vorgezogen (siehe Gra k unten). Das Fazit der beiden Studienautoren: Die Ergebnisse sprächen gegen ein Provi- sionsverbot. „Den meisten Verbrauchern und Verbraucherinnen fällt es schwer, den Wert einer unabhängigen Beratung zu er- kennen“, fasst Beenken zusammen. „Die in der Verbraucherpolitik gern verwendete Annahme, Entscheidungen würden ratio- nal getro en, hält der Realität nicht stand.“ Kritik vom VDH Gegen die Studie und ihr Design wendet sich Dieter Rauch, Geschäftsführer des Verbunds Deutscher Honorarberater (VDH). Er kritisiert, die Studie vergleiche nur zwei weit verbreitete Vergütungsmo- delle. Beide Varianten setzten einen Pro- duktabschluss voraus, das sogenannte Ho- norar sei in diesem Fall nichts anderes als eine alternative Form der Vertriebsvergütung. „Echte Honorarberatung im Sinne der Paragrafen 34d Ab- satz 2 oder 34h Gewerbeord- nung, also Beratung ohne Ver- kaufsabsicht, ndet nicht statt. Diese entscheidende Trennung wird im Studiendesign voll- kommen ignoriert“, so der VDH-Chef. Damit verfehle die Untersuchung das eigentliche Ziel, kritisiert Rauch: „Die unabhängige Beratung im Sinne des Verbraucherschutzes verständlich zu machen und ihren Mehrwert herauszustel- len.“ JENS BREDENBALS FP Lieber brutto statt netto Einschätzung verschiedener Vergütungsmodelle* Die Mehrheit der Teilnehmer einer Studie zur Akzeptanz von Nettopolicen lehnt solche Tarife ab. *AntwortendersechsVergleichsgruppen,obsieBruttotarifemiteinkalkuliertenVertriebskosten gegenüberNettopolicenmitseparatemHonorarvorziehen. Quelle:FHDortmund,Studie „WertunabhängigerVersicherungsberatung“ 0% 20% 40% 60% 80% 100% Honorar nach Aufwand: 1.300 Euro Honorar nach Aufwand: 900 Euro Honorar nach Aufwand: 500 Euro Honorar Pauschal: 1.300 Euro Honorar Pauschal: 900 Euro Honorar Pauschal: 500 Euro Bruttotarif attraktiver Nettotarif plus Honorar attraktiver » Echte Honorar- beratung, also Beratung ohne Verkaufsabsicht, findet nicht statt. « Dieter Rauch, VDH fondsprofessionell.de 2/2025 267 FOTO: © SABRINA HASHEM | VDH

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