FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2025

Fall gilt die Schenkung als ‚noch nicht‘ bewirkt, sodass die sogenannte Abschmel- zungsregelung von zehn Prozent Wert- verlust pro Jahr in diesem Fall nicht gilt“, erklärt Anwalt Hartmut Göddecke. Steueroptimierte Übertragung durch „Güterstandsschaukel“ BFH, 12. 7. 05, Az. II R 29/02 Der zweite vorgestellte Entscheid ist die Grundlage für steueroptimierte Übertragungen an die nächste Gene- ration.Vorweg: Die meisten Ehepaare leben imGüterstand der „Zugewinngemeinschaft“. Endet die Ehe, erhält der weniger begüterte Partner die Hälfte der in der Ehe erzielten Zugewinne. Diese Regelung kann man auch nutzen, wenn Vermögen ungleich zwischen den Eheleuten verteilt ist. Dann kann man die Ehe laut Anwalt Philipp Mertens „künstlich“ durch einen Wechsel des Güterstands beenden, wodurch der „ärmere“Partner die Hälfte des Vermögens erhält – ohne dass dafür Schenkungsteuer anfällt. Anschließend wechselt man wieder in die Zugewinngemeinschaft. Auf diese Art kann man steuerfrei Vermögen über- tragen, wie der Bundes nanzhof (BFH) in diesemUrteil erneut unterstreicht. „Hinter- grund ist auch in diesem Fall die optimale Ausnutzung von Kinderfreibeträgen, denn im Anschluss an eine solche Transaktion kann auch die Ehefrau den gemeinsamen Kindern jeweils 400.000 Euro schenkweise und steuerfrei überlassen“, erklärt Mertens die Bedeutung des Entscheids. Ausschlagung des Pflichtteils bei Privatinsolvenz ist rechtens BGH, 25. 6. 09, Az. IX ZB 196/08 Der Fall: Eine Frau hatte Privatinsol- venz angemeldet, drei Jahre später starb ihr Vater, die Mutter lebte wei- ter. Die Frau hätte – kurz gesagt – ihren P ichtanteil an dem Vermögen der Eltern verlangen können. Sie machte es nicht, woraufhin die Gläubigerin Antrag auf Ver- sagung der Restschuldbefreiung „wegen Verstoßes gegen die Obliegenheit, die Hälf- te des Wertes des von Todes wegen erwor- benen Vermögens an den Treuhänder ab- zuführen“, stellte. Der BGH stimmte der Gläubigerin nicht zu und schlug sich auf die Seite der Frau. Denn die Richter sahen in dem Vorgehen auch keine Obliegen- heitsverletzung: „Die Entscheidung, den P ichtteil geltend zu machen, sei ebenso wie die Entscheidung zur Ausschlagung eines Erbes höchstpersönlicher Natur. Auch eine mögliche Versagung der Rest- schuldbefreiung würde faktisch dazu zwin- gen, gegen die eigene Familie vorzugehen, und sei daher inakzeptabel“, kommentiert Rechtsanwalt Göddecke das Urteil. » Die Entscheidung, den Pflichtteil geltend zu machen, ist höchst- persönlicher Natur. « Hartmut Göddecke, Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte Erbverzicht ist kein Steuersparmodell Mancher wird sehr kreativ, wenn es um die Gestaltung seines Nachlasses geht. Eine Idee ist, über einen Erbverzicht zu versuchen, dass ein Enkelkind höhere Freibeträge bekommt. Diesem „Steuersparmodell“ hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit einem Urteil (Az. II R 13/22) vom 31. Juli 2024 einen Riegel vorgeschoben. Das Urteil schafft damit Klarheit über die steuerliche Behandlung von Erbverzichtskonstellationen, die nicht durch zivilrechtliche Vereinbarungen beeinflusst werden können. Der Fall: Der Kläger, ein Enkel, war von seinem Großvater testamentarisch zu einem Viertel als Erbe eingesetzt worden. Zuvor hatte der Vater des Klägers, also der Sohn des Erblassers, auf sein gesetzliches Erbrecht einschließlich des Pflicht- teilsrechts verzichtet. Dieser Verzicht wurde jedoch nicht auf dessen eigene Kinder erstreckt. Der Klä- ger machte daher geltend, dass ihm aufgrund des Erbverzichts seines Vaters der höhere Freibetrag für Kinder zustehe, nicht der niedrigere Freibetrag für Enkel. Das Urteil: Der BFH folgte der Argumentation des Klägers nicht. Der II. Senat des obersten Finanzgerichts entschied, dass der zivilrechtliche Erbverzicht des Vaters nicht dazu führt, dass der Kläger steuerlich wie ein Kind des Erblassers be- handelt wird. Für die Bestimmung des Freibetrags im Erbschaftsteuerrecht sei allein die tatsächliche familiäre Beziehung maßgeblich und nicht die durch den Erbverzicht geschaffene rechtliche Fiktion. Der Kläger erhält daher lediglich den nied- rigeren Freibetrag für Enkel. Fazit: „Dieses Urteil ist für Erben von er- heblicher Bedeutung. Es zeigt, dass das Steuerrecht in vielen Fällen eigenen Regeln folgt und nicht jeder erbrechtlichen Gestaltung Rechnung trägt. Wer plant, durch einen Erbverzicht höhere Freibeträge für die nächste Generation zu sichern, sollte sich darüber bewusst sein, dass dies steuerlich keine Vorteile bringt“, kommentiert Rechtsanwalt Philipp Mertens. Wer steuerliche Vorteile für seine Nachkommen sichern möchte, sollte also frühzeitig auf eine sorgfältige Gestal- tung seiner Vermögensübertragungen achten. fondsprofessionell.de 2/2025 331 FOTO: © KANZLEI GÖDDECKE RECHTSANWÄLTE

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=