FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2025
Schatten seiten Das sagenhafte Wachstum börsengehandelter Fonds wirft die Frage auf, welche Folgen der passive Anlageansatz für die Kapitalmärkte hat. Eine Analyse zeigt mögliche Nachteile des ETF-Booms . A uf Erfolg folgen mitunter Neid und Missgunst. Diese Erfahrung durch- lebt auch die Branche der börsengehandel- ten Fonds (ETFs), die Jahr für Jahr neue Höhen erklimmt und dem aktiven Fonds- management zusehends den Platz streitig macht. So mancher Vertreter der traditio- nellen Fondswelt feuert da schon mal mit halbgaren oder völlig an den Haaren herbeigezogenen Argumenten gegen die erfolgreiche Passiv-Konkurrenz. Doch es kommt auch substanzielle Kri- tik auf, die nüchtern etwaige negative Aus- wüchse des Booms beleuchten will. Ulrich Urbahn, Leiter Multi Asset Strategy und Research bei der Privatbank Berenberg, hat in einer Analyse einige Argumente aus der nanzwissenschaftlichen Forschung destil- liert, die auf mögliche Schattenseiten der ETF-Erfolgsgeschichte hindeuten. Ein Argument, auf das der Berenberg- Mann stieß, ist das wachsende Gewicht einiger weniger Titel. Durch ihre Zugehö- rigkeit zu einem bedeutenden Index – und damit zu vielen und volumenstarken ETFs – ießt immer mehr Geld in diese Aktien. „Die Mittelzu üsse in passive Fonds führen zu einem überproportionalen Bewertungs- anstieg, insbesondere bei großen Unterneh- men“, erläutert Urbahn. Die Konzentration in den Indizes und am Markt insgesamt nimmt zu. Die Entwicklung an den Bör- sen hängt vom Wohl und Wehe dieser wenigen Megawerte ab. Manager aktiver Fonds wiederum, die besonders in den USA seit vielen Jahren mit Ab üssen ringen, verkaufen in der Fol- ge Aktien abseits der Indizes. Denn eine Positionierung gegen die Entwicklung der Indexschwergewichte zahlt sich nur in Aus- nahmefällen aus. Somit ießt letztlich noch mehr Geld in die Titel aus den Bör- senbarometern. „Es entsteht also ein Kreis- lauf“, erläutert Urbahn, „aktive Fonds haben Ab üsse,müssen Nicht-Benchmark- Titel verkaufen, ETFs mit Zu üssen kaufen hingegen nur Benchmark-Titel.“ Automatische Zuflüsse Hinzu kommt, dass der ETF-Boom prak- tisch per Automatik Geld in Aktien spült, die in großen Barometern vertreten sind – „egal wie teuer oder günstig der jeweilige Titel ist“, erläutert Urbahn. Durch die Altersvorsorgeprogramme in den USA etwa ießt regelmäßig Geld in Aktien- ETFs. Dort wird der ETF-Markt, anders als in Europa, von Privatanlegern dominiert. „Dabei handelt es sich nicht um allein von fundamentalen Faktoren getriebene Mittel- zu üsse“, stellt der Stratege fest. Die nach Marktkapitalisierung gewichte- ten ETFs nehmen zudem eine bestimmte Stilrichtung an. „ETFs verfolgen in gewis- sem Sinne eine Momentum-Strategie“, sagt Urbahn. „Denn das relative Indexgewicht der Gewinneraktien steigt, während das relative Indexgewicht der Verliereraktien fällt. Teurer gewordene Aktien bekommen » ETFs verfolgen in gewissem Sinne eine Momentum-Strategie. « Ulrich Urbahn, Berenberg Der passive Investmentansatz erfährt dank börsengehandelter Vehikel einen enormen Aufschwung. Doch welche Auswirkungen hat der ETF-Boom auf die Finanzmärkte? Die Forschung sucht noch nach Antworten. VERTRIEB & PRAXIS Passive Investments 372 fondsprofessionell.de 2/2025 FOTO: © KOUZI.UOZUMI | STOCK.ADOBE.COM
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