FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2025

W enn sich eine Anlageklasse ein paar tau- send Jahre lang bewährt hat, ist das Grund genug, sie im Auge zu behalten, auch wenn ein Investmentgenie wie Warren Bu ett darauf hinweist, dass sie keine Erträge abwirft und eigentlich auch kaum einen Nutzwert hat. Die „Analyse“, wonach wir das Edelmetall Gold in Afrika ausgraben, in Barren gießen, um es an- schließend unter strenger Bewachung bei uns wieder unter die Erde zu bringen, wird demOra- kel von Omaha zugeschrieben. Nüchtern be- trachtet hat Bu ett recht. Allerdings sind dann auch die Preise von Kunstwerken, Oldtimern oder Kryptowährungen zu hinterfragen. Es ist doch o ensichtlich so, dass sich die Menschheit bei manchen – nicht oder nur schwer reproduzierbaren – Dingen darauf einigt, dass sie einen Wert haben. Und in diesen Tagen sind wir Zeugen des Phänomens, dass Gold neu bewertet wird.Die zentrale Ursache dafür ist zwar grundsätzlich unbekannt, der Verdacht, dass es hier um ein wachsendes Misstrauen in das Fiat-Geldsystem im Allge- meinen und den US-Dollar sowie amerikanische und sonstige Staatsschulden im Speziellen geht, liegt nahe. Glaubt man den Spezialisten, sind es Notenbankkäufe, die für die Rekordpreise bei Gold sorgen. Und diese hohen Preise lösen wiederum ein gestiege- nes Interesse von Seiten privater und institutioneller Anleger aus. Diese Investoren teilen sich in zwei Gruppen – jene, die schon immer Gold hielten und dabei auch der Kursentwicklung wenig Beachtung schenken, und jene, die eher Bu etts Haltung teilen. Zur Beurteilung, ob Gold weiterhin im Wert steigen kann, muss man sich also die Frage stellen, ob die Notenbanken auf der Käu- ferseite bleiben und ob Investoren, die Gold bisher gemieden haben, ihre Meinung ändern. Und auch wenn das niemand ver- bindlich beantworten kann, scheint doch eine bevorstehende Trendumkehr wenig wahrschein- lich. Die Faktoren für den hohen Goldpreis sind geopolitische Unsicherheit, eine zumindest vor- übergehende Umkehr bei der Globalisierung des Welthandels sowie eine Ausweitung der globalen Staatsschuldenberge – all das in einer Zeit, in der die Zukunft des US-Dollars als Leitwährung in- frage steht. Bei keiner dieser Ein ussgrößen zeich- net sich kurzfristig eine grundlegende Änderung ab. Interessant ist in diesemZusammenhang eine Analyse des deutschen Markttechnikspezialisten Robert Rethfeld (wellenreiter-invest.de ) aus demMärz 2024. Er rechnete damals vor, dass man in den letzten Jahrzehnten mit einem „Aktien-Gold- Switch-Portfolio“ gut gefahren wäre. Die Analyse zeigt, dass auf 20 starke Aktienjahre (gemessen am S&P 500) zehn gute Goldjahre folgten. Demnach hätte man 1970 von Aktien auf Gold umsteigen müssen, um 1980 wieder Aktien zu kaufen. Im Jahr 2000 wäre der nächste Switch ins Edelmetall fällig gewesen, und von 2010 bis 2030 müssten diesem Rhythmus folgend Aktien die Nase vorn haben – und bisher traf diese Einschätzung trotz der jüngsten Kor- rektur bei Aktien und den Rekordpreisen für Gold absolut zu.Dies hieße, die nächste Outperformancephase für Gold sollte eigentlich erst 2030 beginnen. Mit anderen Worten: Zu spät dürfte es für vernünftig gewichtete Goldinvestments noch nicht sein. FP Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi Gerhard Führing, Mamdouh El-Morsi Zu spät für Gold? Betrachtet man die letzten Jahrzehnte, zeigt sich ein auffälliger „20-gute- Jahre-für-Aktien/ 10-gute-Jahre-für- Gold-Rhythmus“. MEINUNG Brief der Herausgeber 4 fondsprofessionell.de 2/2025 FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | MARLENE.AT

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