FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2025
ein gutes Anliegen, aber de facto fast unmöglich in der Realität so anzuwenden, wie die EU das heute vorsieht. Das Ergeb- nis: Regulierung behindert Fortschritt, statt ihn zu fördern. Ein zweiter entschei- dender Punkt sind die Energiekosten: Strom und Gas sind in Europa, besonders in Großbritannien und Deutschland, um ein Vielfaches teurer als in den USA. Gerade für Länder mit starker Industrie wie Deutschland ist das eine echte Hypo- thek. Man kann nicht wettbewerbsfähig bleiben, wenn die Energiepreise dreimal oder viermal so hoch sind wie beimwich- tigsten Konkurrenten. WirtschaftsexpertenwieetwaPaulKrugman meinendennoch,Europaunterschätzeseine eigenenStärken. Hat er recht? Ich sehe das durchaus ähnlich. Europa hat verschiedene große Vorteile: Die Sparquo- ten sind etwa dreimal so hoch wie in den 86$ GLH SULYDWH ZLH DXFK GLH ĆȬHQWOLFKH Verschuldung ist vielerorts moderat. Das ELHWHW HQRUPH ljQDQ]LHOOH 5HVVRXUFHQ GLH in Investitionen gelenkt werden können. Außerdem haben wir in vielen Ländern – besonders auch in Deutschland – wei- terhin hervorragende Bildungssysteme, die eine solide technische Ausbildung gewährleisten. Das sind echte Trümpfe. Aber wir müssen aufpassen, dass wir sie nicht durch zu viel Regulierungswut, zu starre Energiewendekonzepte oder durch GDV )HVWKDOWHQ DQ LQHȯ]LHQWHQ 6WUXNWXUHQ ausbremsen. Gerade weil Europa ein so exportorientier- tesGebildeist–StichwortDeutschland–ste- hen Investitionsentscheider häufig vor der Frage:BleibtEuropaattraktivoderwandern dieChancensozusagenab,etwanachAsien oder indieUSA? ImManagement unserer Fonds lösen wir das nicht über Länderkategorien, wir ana- lysieren stattdessen immer die langfristi- gen strukturellen Trendentwicklungen. 1HKPHQ 6LH GHQ %HUHLFK (OHNWULlj]LHUXQJ Hier erkennen wir langfristige Treiber wie die Energiewende, den Ausbau grüner Stromproduktion, dieModernisierung der Stromnetze, den steigenden Bedarf durch Digitalisierung und Rechenzentren. Wir sind an Unternehmen wie Schneider Elec- tric, Prysmian, Atlas Copco oder ASML beteiligt – sie sind global aufgestellt, oft mit lokaler Produktion. Werden kurz- fristig mal Zölle verhängt, ist das für das Gesamtbild weniger maßgeblich … … weil der strukturelle Trend intakt bleibt, meinenSie? Im Grunde wollen doch alle europäi- schen Gesellschaften dekarbonisieren, und sie wollen weiter digitalisieren. Deshalb wächst der entsprechende Investitionsbe- darf anhaltend weiter. Beispiele wie der Boom bei Rechenzentren, unter anderem getrieben durch KI, oder die Umstellung auf moderne Gebäudestandards zeigen doch: Die notwendigen Investitionen laufen über Jahrzehnte. Natürlich gibt es zyklische Ausschläge, und ja, Zölle beein- ijXVVHQ GLH .DONXODWLRQ $EHU NHLQH GLHVHU Maßnahmen verändert etwas an der Not- wendigkeit, dass etwa Halbleiter, neue Stromnetze oder auch innovative Bauver- fahren dringend gebraucht werden. Gibt es Sektoren, bei denen Sie im Gegen- satz dazu prinzipiell vorsichtiger agieren – undwarum? Natürlich. Telekommunikation zum Bei- spiel ist in Europa notorisch unattraktiv. Zum einen gibt es zu viele Anbieter, zum anderen fokussieren die Regulierer vor allem auf möglichst niedrige Verbraucher- preise und nicht auf die Notwendigkeit von Investitionen. Dadurch bleiben viele Player chronisch unrentabel. Einzige Aus- nahme bislang: die Deutsche Telekom, aber auch nur wegen deren Beteiligung an T-Mobile in den USA. » Im Grunde wollen doch alle europäischen Gesell- schaften dekarbonisieren und weiter digitalisieren. Deshalb wächst der ent- sprechende Investitions- bedarf weiter. « Niall Gallagher, Jupiter AM FOTO: © NIGEL DICKINSON FÜR FONDS PROFESSIONELL MARKT & STRATEGIE Niall Gallagher | Jupiter Asset Management 140 fondsprofessionell.de 3/2025
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