FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2025

G ravina Island liegt vor dem 8.000-Seelen- Städtchen Ketchikan in einer abgelegenen Ecke Alaskas. Auf der Insel gibt es gerade mal 50 Leute und einen Flughafen. Die US-Regie- rung wollte 2011 im Rahmen eines Stimulus- programms eine Brücke von Ketchikan nach Gravina Island bauen. Keine kleine Sache: Geplant war eine Brücke so lang wie die Gol- den Gate Bridge und höher als die Brooklyn Bridge für rund 400 Millionen Dollar. Es regte sich Widerstand dagegen, und das Projekt ging als sprichwörtliche „Bridge to Nowhere“ in die Geschichte ein, bevor es schlussendlich begra- ben wurde. Bis heute sind solche Brücken ins Nirgendwo eineWarnung für alle, die staatliches Ausgabenwachstummit automatischen Wohl- standsgewinnen gleichsetzen. Wenn mehr Staatsausgaben auf Pump ein Rezept für mehr Wachstum und Wohlstand wären, würden wir alle schon lange im Schla- raffenland leben. Denn an Versuchen der Politi- ker hat eswirklichnicht gefehlt. VonArgentinien bis Zimbabwe, von Deutschland über Japan bis indieUSA:Wieder undwiederwurden vollmun- dige Stimulusprogramme angekündigt und von vielenWählernwie Ökonomen freudig begrüßt. Doch die Ausbeute daraus war meist beschei- den und in der Tendenz sogar eindeutig schäd- lich: Dies ergab eine breit angelegte Studie von Research Affiliates. In den Industrieländern der OECD sind höhere Staatsverschuldungen seit 1981 klar negativmit demWirtschaftswachstum proKopf korreliert. Es ergab sicheine statistisch signifikante Korrelation von –0,53. Ein Anstieg der Staatsverschuldung um 10 Pro- zentpunkte über 5 Jahre ging im Schnitt mit einer Reduktion der jährlichen Wachstums- rate eines Landes um 1,24 Prozentpunkte ein- her. Zieht also zum Beispiel die deutsche Bun- desregierung ihr vomMarkt bejubeltes Schul- denprogramm durch und erhöht die Schulden- quote mit 1.000 Milliarden Euro um die geplan- ten20ProzentpunktedesBIP, wäreüber 5 Jahre mit 2,5 Prozent weniger Wachstum pro Jahr zu rechnen oder verteilt über zehn Jahre mit 1,24 Prozent weniger. Nicht gerade das, was sich die Bürger und der Markt erhoffen. Allerdings stellenKorrelationen keineKausalität dar. Theoretisch ist auch denkbar, dass die Ver- schuldungsquoten vor allem in Staaten wach- sen, die einewirtschaftlicheKrise durchmachen wie zumBeispiel die südeuropäischenLänder in der Eurokrise. Massive Schuldenanstiege, wie sie derzeit in den USA oder Frankreich stattfin- Brücken ins Nirgendwo Die Börsen reagierten bisher sehr optimistisch auf die neuen staatlichen Aus- gabenpläne für Rüstung und Infrastruktur. Doch historische Daten zeigen, dass mehr Staatsausgaben und höhere Schulden das Wirtschaftswachstum nicht stimulieren, sondern bremsen. Was von den Stimulusprogrammen bleibt, sind meist höhere Zinsen undmehr Inflation. STAATSSCHULDEN DÄMPFEN DAS WACHSTUM

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