FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2025
Menschen eben nicht mitziehen. Die AfD lag in manchen Umfra- gen im Sommer gleichauf mit der Union und dürfte noch stärker wer- den. Es ist der Fehler der vergan- genen zehn Jahre, dass die Regie- rungspolitik die Menschen schlicht vergessen hat. Bei denDirektinvestitionenzeigt sich einenormesDefizit.DeutscheFirmen investieren also viel stärker imAus- landalsausländischeFirmenbeiuns. Die deutsche Volkswirtschaft erzielt weit mehr als 200 Mil- liarden Euro Leistungsbilanzüber- schuss. Das kritisiert US-Präsident Donald Trump zu Recht, da es zu globalen Ungleichgewichten bei- trägt. Das Problem ist aber nicht, das Deutschland zu viel exportiert, sondern dass wir zu wenig importieren, und zwar insbesondere an Firmeninvesti- tionen. Dass ausländische Unternehmen zu wenig in Deutschland investieren, liegt auch am regulatorischen und büro- kratischen Irrsinn, den ja selbst deutsche Unternehmen beklagen. Was sollen da erst Investoren aus Asien oder den USA sagen? Bevor sie sich das antun, machen sie einfach einen Bogen umDeutschland. Wir sind als Standort zu unattraktiv für ausländische Unternehmen geworden. Ein weiteres Problem ist die Alterung der Bevölkerung.Dieumlagefinanziertegesetzli- cheRentewirdschonlangenurmitenormen QuerfinanzierungenüberWassergehalten. Nun garantiert die neue Bundesregierung das Rentenniveau bis 2031 und tastet auch dasRenteneintrittsalter nicht an.Warum? Das ist reine Klientelpolitik in einer altern- den Demokratie. Zwei Drittel der Wähler bei der Bundestagswahl waren über 50 Jahre alt, besonders viele alte Menschen wählten Union und SPD. Unter dem wenigen, worauf man sich im Koalitions- vertrag einigen konnte, waren die Stabili- sierung des Rentenniveaus und die Aus- weitung der Mütterrente. Dazu die Steuer- befreiung bis 2.000 Euro für Rentner, die weiterarbeiten. Das ist nichts anderes als eine Umverteilung von Jung zu Alt. Undnichtwirtschaftsfördernd? Nein, wir haben eine immer stärkere Umverteilung von Jung zu Alt und eine zusätzliche Belastung der Wirtschaft über Beiträge und Abgaben. Für viele Men- schen stellt sich immer mehr die Frage, ob es sich lohnt, noch in einem sozialver- VLFKHUXQJVSijLFKWLJHQ $QJHVWHOOWHQMRE ]X arbeiten. Sieben Millionen Minijobber in Deutschland verdienen weniger als 545 Euro im Monat und zahlen keine Abga- ben. Das sind nicht nur Studierende und Rentner, sondern oft auch Frauen, etwa nach der Erziehungspause, für die es sich schlicht nicht lohnt, mehr zu arbeiten. Damit laufen wir Gefahr, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand zu verlieren. DiesogenannteFrühstart-RentesollKinder und Jugendliche mit staatlichen Zuschüs- senandiekapitalgedeckteVorsorgeheran- führen. HaltenSiedasKonzept für sinnvoll? Das ist ein schönes Zeichen, aber letzt- lich Symbolpolitik. Vielleicht gibt es dem einen oder anderen einen Anstoß, darüber nachzudenken, wie er sein Geld anlegt. Ein Problem imHinblick auf Altersarmut ist die ungleiche Verteilung. Es gibt Men- schen, die hervorragend abgesichert sind, aber wir müssen uns intensiv um die Vor- sorge der unteren Hälfte kümmern. Wir haben zu viele Menschen ohne private Vorsorge, die imAlter auf staatliche Trans- ferleistungen angewiesen sind. In IhremBuch „Geldoder Leben“ schreiben Sie: „Viele Menschen haben so viel Angst um ihr Erspartes, dass sie falsche Spar- entscheidungen treffenundeinenTeil ihres Vermögensverlieren.“Was ist IhrRatandie Deutschen? Wir Deutschen legen unser Geld schlecht an. Wir sparen als Gesellschaft viel, aber schlecht und ungleich. Wir haben eine geringe Aktien- und Immobilienquote. Viele Menschen lassen einfach Geld auf der Straße liegen, da sie auf dem Spar- » Dass aus- ländische Unter- nehmen zu wenig in Deutsch- land investieren, liegt auch am regulatorischen und bürokratischen Irrsinn. « Marcel Fratzscher, DIW FOTO: © MARTIN PETERDAMM PHOTOGRAPHY FÜR FONDS PROFESSIONELL | BEARBEITET MIT KI fondsprofessionell.de 3/2025 173
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