FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2025
buch fast ohne Zinsen sparen. Es gibt keine Aktienkultur. Als Friedrich Merz vor ein paar Jahren darauf hingewiesen hatte, dass man mehr in Aktien sparen sollte, handelte er sich einen Shitstorm ein. Es ist auch für mich als Wissenschaft- ler schwer durchzukommen, wenn ich denMenschen sage, dass bei langfristigem Anlagehorizont Aktien und Immobilien das Beste sind, was sie machen können. Wir haben viele, die nicht sparen können. Und von denen, die sparen, erzielen viele eine schlechte Rendite. Die deutsche Staatsverschuldung wird in den kommenden Jahren deutlich steigen. Ist das eine sinnvolle Zukunftsinvestition oder ungerecht gegenüber den künftigen Generationen? Ich halte das Geld für Infrastrukturinves- titionen und auch die zusätzlichen Vertei- digungsausgaben für absolut notwendig. Das Ausklammern der Verteidigung aus der Schuldenbremse ist aber eine Ursünde. Meine Kritik an der Schuldenbremse war, dass man nicht unterscheidet, wofür der Staat Geld ausgibt. Investitionen in Infra- struktur oder Bildung sind gute Schul- den, da sie Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand verbessern und sich langfristig rentieren. Für jeden Euro, den wir dafür ausgeben, kommen langfristig zwei bis drei Euro an Steuereinnahmen zurück. Das meine ich mit klugen Schulden. Das sollte tatsächlich von der Schuldenbremse befreit werden. Verteidigungsausgaben bringen dagegen keine zwei bis drei Euro mehr an Steuereinnahmen, sondern viel- leicht 50 bis 60 Cent pro ausgegebenem Euro. WaswäredieAlternative? )ĞQI 3UR]HQW IĞU 9HUWHLGLJXQJ VLQG HȬHN- tiv zusätzliche Kosten von 150 Milliarden Euro im Jahr. Das mag sicherheitspolitisch QRWZHQGLJ VHLQ HV LVW DEHU ljQDQ]LHOO QLFKW nachhaltig. Diese Ausgaben kann man QXU GXUFK KĆKHUH 6WHXHUQ ljQDQ]LHUHQ nicht durch Einsparungen. Der Bundes- haushalt umfasst 480 Milliarden Euro, und davon sind schon heute 120 Milliar- den Euro Zuschuss für die Rente. Wo wollen Sie denn da noch 150 Milliarden Euro an zusätzlichen Ausgaben für Ver- teidigung herbekommen? Das ist Wunsch- denken. Mehr Ausgaben für Verteidigung bedeuten einenWohlstandsverlust, so ehr- lich müssen wir uns selbst gegenüber sein. Man kann das vielleicht fünf bis zehn -DKUH ĞEHU 6FKXOGHQ ljQDQ]LHUHQ DEHU dann steuert man in eine enorme Staats- schuldenkrise hinein. Die USA sind auch bei der Verschuldung schon viel weiter. Mit dem „One Big Beauti- fulBillAct“wirdsichderAnstiegderStaats- schulden in den kommenden Jahren wohl deutlichbeschleunigen.WassinddieFolgen? Bereits die früheren US-Regierungen unter Joe Biden und auch Trump 1.0 waren sehr expansiv. Das half, die Wirt- schaftsdynamik am Laufen zu halten, Arbeitsplätze zu bewahren und die Wett- bewerbsfähigkeit zu sichern. Das ist nun aber ganz anders. Die Big Beautiful Bill ist vielleicht „big“, aber nicht „beautiful“, sondern ziemlich grässlich – und sie wird den USA langfristig schaden. Die Zinsen gehen nach oben, die Finanzierungsbe- dingungen für Firmen werden schlech- ter. Das ist ein klassisches Crowding-out, der Staat verdrängt private Investitionen. Dazu kommt die Abwertung des Dollars gegenüber dem Euro. Der Dollar wird sein enormes Privileg als Leitwährung ein Stück weit einbüßen, und die USA, GLH ODQJH =HLW JURĕH 'Hlj]LWH JĞQVWLJ UHlj nanzieren konnten, bekommen ein Pro- blem. Dazu kommen die sozialen Aspekte wie die Kürzung der Gesundheitsvorsorge für Ältere, die die Ungleichheit noch ver- größern. Glauben Sie, dass Donald Trump am Ende einklaresZiel verfolgt? Ich erkenne da keine kluge und weitsich- tige Politik. Letztlich ist es erratisch, und » Wir haben eine immer stärkere Umverteilung von Jung zu Alt. « Marcel Fratzscher, DIW FOTO: © MARTIN PETERDAMM PHOTOGRAPHY FÜR FONDS PROFESSIONELL | BEARBEITET MIT KI MARKT & STRATEGIE Marcel Fratzscher | DIW 174 fondsprofessionell.de 3/2025
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