FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2025

es geht umden Schutz der Interessen einer kleinen Klientel an Milliardären. Der Big Beautiful Bill Act entlastet Vermögende und belastet Menschen mit geringem Einkommen. Er wird die soziale Polari- sierung verschärfen und setzt die USA auf einen Pfad nicht nachhaltiger Staatsver- schuldung, die irgendwann uns allen auf die Füße fallen wird. Es geht hier nicht um Griechenland, sondern es droht eine neue globale Finanzkrise wie 2009, die ja auch den Vereinigten Staaten entsprang, wenn auch aus dem Immobiliensektor. Die Big Beautiful Bill legt die Basis einer neuen Finanzkrise. Wie bewerten Sie die Einigung beim Zoll- konflikt?KlareNiederlage für Europa? Die USA werden zu den größten Verlie- rern dieser Zölle gehören, das zeigen auch unsere Modelle. Die Einnahmen durch Zölle lagen zuletzt bei 50 Milliarden Dol- lar pro Monat. Aber diese Summe zahlen ja nicht VW oder Huawei, sondern die US-Konsumenten. Es ist eine Umvertei- lung von Bürgern vor allemmit geringem Einkommen an den Staat. Der Staat ver- teilt es dann über Steuersenkungen wieder um zu den reichen Amerikanern. Natür- lich sind auch für uns große Kosten damit verbunden, da wir weniger exportieren. Der Fehler war, dass Europa nicht an Tag eins nach dem „Liberation Day“ koordi- niert mit den anderen Handelspartnern dagegengehalten hat. SieselbsthabenbeiderEZBlangedieAbtei- lungfür internationalewirtschaftspolitische Analysen geleitet. Könnte die EZBmehr für dieKonjunkturtun?OderwürdedasdieInfla- tionsrisikenstarksteigen lassen? Die EZB macht insgesamt eine gute Arbeit. Wir sind seit fast einem Jahr wie- GHU EHL UXQG ]ZHL 3UR]HQW ,QijDWLRQ ,FK bin der Meinung, die EZB könnte die Zinsen nun noch weiter senken, um die Finanzierungsbedingungen schneller zu verbessern. Echte Sorgen machen mir die USA, wo Trump versucht, die Unab- hängigkeit der Fed zu beschneiden. Das würde großen Schaden anrichten. Wer wird in vier Jahren besser dastehen? DieUSAunterDonaldTrumpoderDeutsch- landunterFriedrichMerz? Wirtschaftlich müssen wir uns warm anziehen in Deutschland. Die USA und China haben Deutschland und Europa mit Blick auf wichtige Zukunftstechno- logien abgehängt, da wir zu langsam und risikoscheu sind. Wir werden noch viel Wohlstand verlieren, bevor es besser wird. Aber sozial und politisch sieht es anders aus. Trumps Politik wird keine Industriejobs zurückbringen, da sind wir in Deutschland deutlich besser. Sie haben ja diemangelnde Aktienkultur in Deutschland beklagt: Wie sollten Aktien- investoren angesichts hoher Kurse und hoherUnsicherheit agieren? Die Bewertungen an den Kapitalmärkten haben sich deutlich von den Fundamen- taldaten abgekoppelt, das bereitet mir Sor- gen. Das sage ich aber schon seit Jahren, und der Dax eilt trotzdem von Hoch zu Hoch. Ich glaube, dass die Volatilität hoch bleiben wird, auch aufgrund externer Schocks wie Naturkatastrophen, Kriegen RGHU +DQGHOVNRQijLNWHQ 'LYHUVLljNDWLRQ ist auch bei Aktien der Schlüssel zum Erfolg. Eine Rückkehr zum Sparbuch ist jedenfalls keine Option. Die Rendite auf sichere Anleihen wird auf absehbare Zeit nahe null liegen. So lässt sich kein Vermö- gen aufbauen. VielenDank für dasGespräch. JOCHEN HÄGELE FP KURZ-V I TA : Marcel Fratzscher Marcel Fratzscher, Jahrgang 1971, ist einer der führenden Wirtschaftsforscher und Politikberater Deutschlands. Bevor er 2013 Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlinwurde, leitete er die Abteilung für internationalewirtschaftspolitische Analysen der Europäischen Zentralbank (EZB). » Die ›Big Beautiful Bill‹ legt die Basis einer neuen Finanzkrise. « Marcel Fratzscher, DIW FOTO: © MARTIN PETERDAMM PHOTOGRAPHY FÜR FONDS PROFESSIONELL | BEARBEITET MIT KI MARKT & STRATEGIE Marcel Fratzscher | DIW 176 fondsprofessionell.de 3/2025

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=