SACHWERTE SPEZIAL, Sonderausgabe 2022
Optimistischer ist Vogel von der DZ Bank. Er rechnet auf Zwölfmonatssicht mit einem Goldpreis von 1.900 Dollar je Fein- unze: „Viele negative Faktoren sind einge- preist, und die Inflation ist hoch – das spricht perspektivisch für Gold.“Ein stabiler Trend sei auch, dass die Zentralbanken Gold kaufen, weil sie langfristig unabhän- giger vom Dollar werden wollen. Silber hingegen dürfte als Industrieme- tall unter der konjunkturellen Eintrübung leiden, obgleich es im Solarbereich und für den Ausbau der 5-G-Netze gebraucht wer- de. „Wenn wir auf Zwölfmonatssicht bei 20 bis 22 Dollar pro Feinunze Silber bleiben, wäre das nicht schlecht“, meint Vogel. Platin befindet sich laut dem Edelmetall- händler Alexander Zumpfe von Heraeus seit Ende Februar im Abwärtstrend und fiel vorübergehend auf den niedrigsten Stand seit rund zwei Jahren: „Auslöser war die geringere Nachfrage aus der Automo- bilindustrie, die von den Lockdowns in China und vpm Halbleitermangel stark getroffen wurde.“ Anleger Wie reagieren die privaten Anleger? Nachdem der Goldpreis Bullionvault zufol- ge im Juli so stark gefallen ist wie seit über fünf Jahren nicht mehr, nehme nun die Nachfrage von Privatanlegern zu.Der haus- eigene Gold-Investor-Index Deutschland – ein einzigartiges Maß für das tatsächliche Anlegerverhalten bei physischen Edel- metallen – stieg im Juli gegenüber Juni um 3,2 Zähler auf 59,3 Punkte. Das sei der stärkste Anstieg seit August 2020 und der höchste Stand seit Juni 2021.Hintergrund: Der Goldanleger-Index läge bei 50,0, wenn die Zahl der Goldverkäufer genau der Zahl der -käufer entspräche. Doch was die Investitionen angeht, klaf- fen Theorie und Praxis noch auseinander, wie eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des Goldhändlers Pro Aurum zeigt. Zwar betrachten 78 Prozent der Anfang Juni befragten Bürger Gold als gute Ergänzung zu anderen Geldanlagen, jedoch besitzen zurzeit nur elf Prozent Goldbarren oder -münzen. Woher diese Diskrepanz? Die Menschen hierzulande seien stark in zinstragende An- lageklassen investiert, gibt ein Pro-Aurum- Sprecher zu bedenken. Es brauche Zeit, bis sich die Erkenntnis durchsetze, dass auch Umschichtungen hin zu Sachwerten wie Aktien und Edelmetallen nötig seien, um sich vor Kaufkraftverlust zu schützen: „Zudem gibt es beimGolderwerb ein paar Hürden zu überwinden: Wo kann ich Edelmetalle seriös kaufen? Wie lagert man Edelmetalle sicher?“ Dennoch berichtet der Firmensprecher von „äußerst hoher“ Goldnachfrage: „Be- standskunden haben die Kursrückgänge für Nachkäufe genutzt, und Neukunden stiegen angesichts niedrigerer Preise in den letzten Monaten ein.“ Tim Schieferstein, Geschäftsführer des Edelmetallhändlers Solit, beobachtet „fernab von der Wert- entwicklung eine extrem hohe Nachfrage von Anlegern insbesondere nach Gold und Silber“. Seit Beginn der Pandemie herr- sche konstant Knappheit bei den beliebten Barren und Münzen. Empfehlungen Es stellt sich die Frage, welche Variante physischen Golds empfehlenswert ist. Schieferstein rät, von Sammlermünzen mit kleinen, limitierten Auflagen Abstand zu nehmen und nur auf Barren und Münzen etablierter Hersteller zurückzugreifen: „Bei Goldbarren sind dies in Deutschland ins- besondere Heraeus, C.Hafner,Heimerle & Meule und Umicore. Wer auf Nachhaltig- keit beimGoldkauf achten will, sollte Gold- barren von C. Hafner bevorzugen.“ Die weltweit meistgekaufte Goldmünze sei der Krügerrand. „Ich würde aber Maple Leaf und Britannia-Münzen bevorzugen. Ihr Feingoldgehalt ist mit 99,99 Prozent höher als beim Krügerrand mit 91,6 Prozent.“Au- ßerdem verfügen beide bei aktuellen Jahr- gängen über aufwendige Sicherheitsmerk- male.Nun bleibt abzuwarten, ob der Gold- appetit der Anleger mit der Inflation weiter steigen wird. CHRISTINA ANASTASSIOU FP » Der Verkauf von Barren und Münzen bleibt unreguliert. « Jörg Mühlenkamp Baker Tilly Gold und Co.: Darauf sollten Vermittler achten Das am 1. Juli 2021 in Kraft getretene Finanz- marktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) führt zu einem „Paradigmenwechsel für Edelmetallanla- gen“, sagt Jörg Mühlenkamp, Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner bei Baker Tilly. Ge- schäftsmodelle, bei denen Edelmetalle mit einer Zinszahlung als vermögenswertem Ausgleich ausgegeben werden, gelten nun als prospekt- pflichtige Finanzanlagen. Damit benötigen Ver- mittler eine Lizenz nach Paragraf 34f Gewerbe- ordnung und unterliegen den Pflichten aus der Finanzanlagenvermittlungsverordnung. Mühlenkamp: „Unreguliert bleibt der Verkauf von Barren, Münzen und unverzinsten Edelmetall- Sparplänen.“ Hier sei keine 34f-Lizenz erforder- lich, eine allgemeine Gewerbeerlaubnis reiche. Dennoch sei es sinnvoll, Verkaufsgespräche zu protokollieren – um sich abzusichern. SACHWERTE Edelmetalle 72 fondsprofessionell.de 3/2022 SPEZIAL FOTO: © ANN-CHRISRTINE KRINGS
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