SACHWERTE SPEZIAL, Sonderausgabe 3/2018

Weniger Vermögensanlagen Medial stark beachtete Misserfolge bei Investments mit Nachrangdarlehen und Direktinvestments – vor allem die Pleite des Containeranbieters P&R – tragen dazu bei, dass es Vermögensanlagen künftig etwas schwerer haben werden. Denn die Bundes- anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht dürfte sich die Prospekte dank P&R auch ohne strengere Vorschriften genauer ansehen. Zu- dem ist der Vertrieb sensibilisiert, was den Sinn für Qualität schärfen sollte. Daher gehen viele Marktbeobachter bereits davon aus, dass die Vermögensanlagen mittel- bis langfristig aus dem Beteiligungsmarkt zurückgedrängt werden. Im ersten Halbjahr 2018 zeichnet sich diese neue Tendenz bereits ab. Im ersten Quartal gab es – ohne das vorzeitig geschlossene Angebot des nun insolventen Containeranbie- ters P&R – nur zehn neue Vermögensanlagen mit 134 Millionen Euro kumuliertem Emis- sionsvolumen. Bei zwei Angeboten handelte sich zudem nur um Fortführungen aus dem Jahr 2017, für die erneuerte Prospekte auf- gelegt werden mussten. Und damit wurden im ersten Quartal dieses Jahres erstmals annä- hernd so viele Publikums-AIF wie Ver- mögensanlagen emittiert. Auch im zweiten Quartal setzte sich dieser Trend fort: Es kamen nur zwölf Produkte auf den Markt, das kumulierte Emissionsvolumen betrug dabei 133 Millionen Euro. Die Ratingagentur Scope berichtet, dass vor allem die Zahl der operativ tätigen Fonds im Öko-Energiesegment sank, weil es nur noch fünf neue Bürger-Windparks gab. Das lag allerdings nicht an Imageproblemen, sondern hat mit einer neuen Regelung im Erneuerba- re-Energien-Gesetz zu tun. Projekte, die nach dem 1. Januar 2017 genehmigt wurden, sind nun weniger gut kalkulierbar, weil die Ein- speisevergütungen für den von Windkraft- anlagen an Land produzierten Strom nicht mehr gesetzlich fixiert, sondern in einem Ausschreibungsverfahren festgelegt werden. Rückläufig war auch die Zahl der neuen Direktinvestments. Aufgrund der P&R-Insol- venz geht Scope davon aus, dass die Angebo- te mit Container-Direktinvestments nicht mehr so schnell zunehmen werden. Publikums-AIF holt auf Profiteure dieser Entwicklung dürften über kurz oder lang voll regulierte Produkte sein – also der geschlossene Publikums-AIF, die Wertpapier-Anleihe und der offene Immobi- lienfonds. Sichtbar wird dies an der Entwick- lung des Neugeschäfts in den vergangenen eineinhalb Jahren (siehe Tabelle „Emissions- tätigkeit im Beteiligungsmarkt“). Noch befin- det sich diese Tendenz in einer sehr frühen Phase, das Potenzial des AIF-Geschäfts ist allerdings noch lange nicht ausgeschöpft, denn viele Finanzinstitute verweigern nach wie vor den Vertrieb der Publikums-AIF. Zu den Vorreitern unter den Initiatoren, die jetzt schon sehr regelmäßig neue Publikums- AIF lancieren, gehören unter anderem Hahn, Patrizia, Wealthcap, Deutsche Finance, Immac, Project und HEH. Marktdominierend waren zuletzt vor allem drei Fonds, die jeweils mehr als 200 Millionen Euro Emis- sionsvolumen zeigten. Die Immobilienbetei- ligungen „Jamestown 30“ von Jamestown, „Deutschland 40“ und „Deutschland 41“ von Wealthcap machen ein Viertel des seit 2016 aufgelegten AIF-Volumens aus. Bremsfaktor Sachwerte-Hausse Dass das Angebot an voll regulierten und transparenten AIF nicht schneller wächst, liegt übrigens nicht nur daran, dass die Initiatoren und Vertriebe zögern. Die fehlende Angebots- vielfalt hat nach Einschätzung von Branchen- kennern auch sehr viel damit zu tun, dass es alles andere als leicht ist, geeignete Immobi- lien, Flugzeuge und Energieanlagen zu finden. Denn durch die hohe Nachfrage nach Sach- werten sind die Preise so stark gestiegen, dass seriös konzipierte und kalkulierte Fonds ihre Renditeerwartungen zurückfahren müssen – Qualität hat ihren Preis. ALEXANDER ENDLWEBER | FP Emissionstätigkeit im Beteiligungsmarkt Anzahl Produkte 1. HJ 2018 1. HJ 2017 2017 2016 Alternative Investmentfonds 14 17 29 26 Vermögensanlagen 23 1 41 73 65 Volumen 1. HJ 2018 1. HJ 2017 2017 2016 Alternative Investmentfonds 630 Mio. EUR 350 Mio. EUR 705 Mio. EUR 1.086 Mio. EUR Vermögensanlagen 367 Mio. EUR 1 440 Mio. EUR 1.090 Mio. EUR 2 901 Mio. EUR 1 inkl. Angebote der insolventen deutschen P&R Gruppe | 2 bezieht sich auf 61 Produkte Quelle: Scope Analysis ED I TOR I A L Regulierungslücken Der geschlos- sene Fonds ist besser als sein Ruf. Die Perfor- mance der gut laufenden In- vestments (sie- he FONDS pro- fessionell Aus- gaben 2 und 3/2018) belegt, dass im Beteili- gungsmarkt die Anleger nicht abgezockt werden. Die seriösen Häuser werden aber in Sippen- haft genommen, wenn die kruden Ge- schäfte einzelner Dilettanten und Betrüger, die es leider auch gibt, auffliegen. Die Kritiker schimpfen dann auf „den Grauen Kapitalmarkt“. Ausgerechnet die wirtschaftsfremde Politik hat – man mag es kaum glauben – den geschlossenen Fonds besser gemacht. Durch die Abschaffung der Verlustzuwei- sungsmodelle müssen sich die Fonds un- ter Rendite- und nicht mehr unter Steuer- sparaspekten rechnen. Die Regulierung von Angebot und Vertrieb erhöht die Qua- lität des Beteiligungsmarktes. Der Alter- native Investmentfonds ist ein konkurrenz- fähiges und sinnvolles Finanzinstrument für Privatanleger. Umso unverständlicher ist der laxe Um- gang der europäischen und nationalen Politik an anderer Stelle: Denn die liberalen Crowdfunding-Gesetze und das neue EU- Prospektrecht schaffen einen neuen Grau- markt. Mit den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte ist es irrsinnig und ungerecht gegenüber den regulierten Anbietern, dass Wertpapiere bis acht Millionen Euro Emis- sionsvolumen und Crowdinvestments mit nur einem dreiseitigen Infoblatt vertrieben werden dürfen. Man darf die Anwender der Softie-Gesetze natürlich nicht unter Generalverdacht stel- len. Aber – Nachtigall, ick hör dir trapsen – mit weiteren Diskussionen über den „bösen Graumarkt“ muss mann rechnen. Wie sagte kürzlich ein Marktteilnehmer so schön mit einem Augenzwinkern: „Eine Aktiengesellschaft ist schnell gegründet.“ Ihr Alexander Endlweber Leiter Sachwert-Investments - SACHWERTE-SPEZIAL

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