SACHWERTE SPEZIAL, Sonderausgabe 3/2018

D ie Summe ist schon erstaunlich: Seit dem Jahr 2008 haben offene Immo- bilienfonds in Deutschland unterm Strich 30,5 Milliarden Euro eingeworben, zei- gen Zahlen des Branchenverbandes BVI. In jedem einzelnen Kalenderjahr gab es Netto- zuflüsse, allein 2017 waren es 5,5 Milliarden Euro. Nur 2007, als in Europa noch niemand das Ausmaß der US-Immobilienkrise erahnen wollte, haben die Anbieter noch mehr Geld eingesammelt (siehe Grafik Seite 32). Wer die reinen Zahlen betrachtet, würde also nie auf die Idee kommen, dass genau in diesen Zeitraum die größte Krise fällt, die das Segment der offenen Immobilienfonds je durchstehen musste. In dem Finanzbeben, das die Pleite der US-Bank Lehman Brothers ausgelöst hatte, wollten die Anleger ihr Geld bekanntlich deutlich schneller aus den Immo- bilienfonds abziehen, als diese ihre Objekte veräußern konnten. Insgesamt 18 Fonds, die einst 26 Milliarden Euro verwalteten, mussten schließen und werden nun abgewickelt. Es wird noch Jahre dauern, bis die Anleger ihren letzten Euro aus diesen Fonds zurück- erhalten haben. Das Berliner Analysehaus Scope zog im März dieses Jahres eine Zwi- schenbilanz: Seit Ende September 2008, als die Krise ihren Lauf nahm, haben die abzu- wickelnden Fonds ihren Investoren im Schnitt einen Verlust von 22 Prozent beschert. Bei einzelnen Produkten liegt das Minus bei über 50 Prozent, nur ein Fonds schaffte ein mini- males Plus (siehe Grafik auf Seite 30). Prächtige Stimmung Trotz der zwangsverordneten Abflüsse aus diesen Fonds liegt das Gesamtvolumen aller offenen Immobilienfonds mittlerweile bei 92,3 Milliarden Euro – höher als je zuvor. „Mit anderen Worten: Die Branche der offe- nen Immobilienfonds hat es geschafft, das Volumen der abzuwickelnden Fonds mit Mittelzuflüssen in bestehende und neu aufge- legte Fonds zu kompensieren“, schreiben die Scope-Analysten um Sonja Knorr in einer im Juni veröffentlichten Marktstudie. Die weitaus höchsten Zuflüsse entfallen auf die großen Anbieter Deka, Union Investment, Commerz Real und DWS, die auf verbund- eigene Vertriebe oder zumindest enge Koope- rationen setzen können. Um welche Dimen- sionen es dabei gehen kann, veranschaulicht ein Beispiel aus dem Sommer 2017: Damals sammelten Union Investment und ZBI wäh- rend der sechswöchigen Zeichnungsphase bei Kunden der Genossenschaftsbanken mal eben 620 Millionen Euro für ihren neuen Wohn- immobilienfonds ein. Aber auch andere An- bieter blicken auf teils sehr stattliche Mittel- zuflüsse zurück (siehe Tabelle Seite 34). Kein Wunder, dass die Stimmung in der Branche prächtig ist. Sämtliche Anbieter offe- ner Immobilienfonds beurteilen ihre Lage in diesem Jahr als gut oder sehr gut, ergab eine Umfrage der Scope-Analysten. „Auch für 2019 ist keine Eintrübung der Stimmungslage in Sicht“, heißt es in der Untersuchung. Der Befragung zufolge plant fast jeder dritte Anbieter, bis 2020 einen neuen offenen Im- mobilienpublikumsfonds aufzulegen. „Offene Immobilienfonds werden sich auch in diesem Jahr großer Nachfrage erfreuen“, ist Knorr überzeugt. „Hauptgrund bleibt die im aktuellen Marktumfeld vergleichsweise attrak- tive Rendite.“ Die hohen Mittelzuflüsse in be- stehende Fonds führten auch dazu, dass neue Anbieter auf den Markt drängen. Neue Spieler Einige dieser neuen Spieler haben sich schon zu erkennen gegeben – darunter KGAL aus Grünwald bei München. Das Unterneh- men blickt auf 50 Jahre Erfahrung als Lea- singgesellschaft und Anbieter geschlossener Beteiligungsmodelle zurück. Noch in diesem Jahr soll die Auflage des ersten offenen Immobilienfonds erfolgen. „Sachwerte sind für Privatkunden interessant. Es gibt aber wenig Angebot. Diese Lücke werden wir schließen“, sagt KGAL-Geschäftsführer Gert Waltenbauer. Der Fonds werde wahrschein- lich in Deutschland investieren. Näher möchte sich Waltenbauer zu dem neuen Produkt aber noch nicht äußern. Doric aus Offenbach, ebenfalls ein Unter- nehmen mit Historie im Beteiligungsmarkt, zeigt sich etwas offener. Details kann Doric- Investment-Geschäftsführer Michael Denk zwar noch nicht nennen, denn die Erlaubnis- erweiterung für die Kapitalverwaltungsgesell- schaft (KVG) und die Zulassung des neuen Das Segment der offenen Immobilienfonds hat seine Krise überstanden. Neue Produkte beleben den Markt – und dürfen auf eine hohe Nachfrage hoffen. Neues von der Baustelle Auf Baustellen wirkt es für Außenstehende manchmal so, als tue sich gar nichts – und dann geht plötzlich alles ganz schnell. Ähnlich ist es mit den Immobilienfonds: Nach langer Flaute kommen wieder neue Produkte an den Markt. Foto: © Microgen | stock.adobe.com 28 - SACHWERTE-SPEZIAL www.fondsprofessionell.de | 3/2018 sachwerte I offene immobilienfonds

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