SACHWERTE SPEZIAL, Sonderausgabe 3/2018

D as Inkrafttreten der EU-Richtlinie Mifid II Anfang dieses Jahres wirbelte auch im Sachwertemarkt viel Staub auf. Die Vorgabe aus Brüssel soll – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der glo- balen Finanzkrise ab 2008 – die Funktions- tüchtigkeit der Finanzmärkte verbessern, Anleger besser schützen und das in der Krise verloren gegangene Vertrauen in die Finanz- wirtschaft wiederherstellen. Gleichwohl hat sie vor allem im Vertrieb zunächst für Verun- sicherung gesorgt. Dabei gilt die Richtlinie in erster Linie für Finanzdienstleistungsinstitute. Durch die Neufassung der Finanzanlagen- vermittlungsverordnung, die derzeit zwischen den Bundesministerien verhandelt wird, fallen aber bald auch freie Berater darunter. Kostentransparenz Im Kern geht es bei Mifid II um den fairen Umgang mit den Kunden. Daher wurden neue Wohlverhaltensregeln geschaffen, die sich im Wesentlichen auf drei Bereiche er- strecken: Kostentransparenz, Aufzeichnungs- pflichten und Zielmarktdefinition. Die Kun- den müssen nun exakt über die „Kosten für das Produkt“ und die „Kosten für die Dienst- leistung“ aufgeklärt werden. Dabei sind sämt- liche Kosten und Nebenkosten, die beim Kauf eines Finanzinstruments fällig werden, zu berücksichtigen. Zu den Finanzinstrumenten zählen auch alle Alternative Investmentfonds (AIF) und Vermögensanlagen. Das verpflich- tet den gesamten Sachwertinvestmentmarkt, in dem in der Vergangenheit häufig über die Abgrenzung „harter“ und „weicher“ Kosten gestritten wurde, zu einer bisher ungekannten Kostentransparenz. Im Übrigen müssen die Investoren an nur einer Stelle, das heißt in einem Dokument informiert werden. Eine mündliche Mitteilung reicht nicht aus, die sogenannte Ex-ante-Kos- tendarstellung muss schriftlich vorgelegt wer- den. Das kann analog oder digital erfolgen, muss aber dauerhaft zur Verfügung stehen, damit sich der Kunde zu späterer Zeit und an einem anderen Ort die Kosten noch einmal in Ruhe ansehen kann. Sie müssen ihm sowohl prozentual als auch absolut in Euro und Cent dargestellt werden, und sie müssen sich auf das konkrete Anlageprodukt beziehen, dürfen also nicht Durchschnittswerte der jeweiligen Anlageklassen sein. Was in der Theorie so definiert klingt, erweist sich in der Praxis als gar nicht so einfach umsetzbar. Denn das Gesetz lässt unterschiedliche Auf- fassungen zu, ob beispielsweise Nebenkosten auf Asset-Ebene – etwa für die Verwaltung und Instandhaltung einer Immobilie – dar- gestellt werden müssen oder wie mit den Kos- ten für Fremdkapital auf Ebene der Objekt- gesellschaft umzugehen ist. „Wie und welche Kosten im Einzelnen dem Anleger für seine Entscheidungsfindung ex ante dargestellt wer- den müssen, wird zwischen den Anbietern offener und geschlossener Fonds zum Teil unterschiedlich ausgelegt und ist von Seiten der Aufsicht noch nicht abschließend geklärt worden“, erklärt Frederik Voigt, Abteilungs- leiter Investitionskapital beim ZIA Zentraler Immobilienausschuss. Praxisprobleme Eine weitere Herausforderung ist, dass der Investor nicht nur die Kosten verschiedener Produkte vergleichen, sondern auch erfahren können soll, wie sie sich auf die erwartete Rendite auswirken. Hier lassen sich die Mifid- Vorgaben nur schwer in gelebte Praxis über- setzen. „Während bisher beispielsweise in den Wesentlichen Anlegerinformationen laufende Kosten pro Jahr angegeben werden mussten, sieht die Mifid II nun vor, dass laufende Kos- ten über die gesamte Laufzeit des Fonds dar- gestellt werden müssen. Das lässt sich aber bei offenen Fonds, die anders als geschlossene Fonds kein prognostiziertes Ende haben, gar nicht auf vergleichbare Weise bewerkstelli- gen“, gibt Martina Hertwig, Partnerin bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Baker Tilly in Hamburg, zu bedenken. Die einen behelfen sich damit, dass sie eine durchschnittliche Kostenquote ermitteln und sie einfach von der Rendite abziehen, andere versuchen, der Vorgabe gerecht zu werden und Kostenspitzen und -schwankungen dar- zustellen. Damit ist gemeint, dass beispiels- weise zu Beginn eines geschlossenen Fonds die Kostenbelastung durch Vertrieb und Pro- spekterstellung ungleich größer ist als in den Folgejahren. Das dahinterliegende Ansinnen des Regulierers ist nachvollziehbar und durch- Mifid II verlangt Anbietern und Vertrieben im Sachwertemarkt einiges ab. Doch die Regulierung kann dabei helfen, verlorenes Anlegervertrauen zurückzugewinnen. Mehr Transparenz Die Transparenz, die der Gesetzgeber den Finanzmärkten aufzwingt, tut dem Sachwertinvestmarkt gut. Sein Image ist nach vielen Misserfolgen angekratzt. Anleger können aber mit besseren Informationen neues Vertrauen schöpfen. Foto: © jbd30 | stock.adobe.com, Ulf Büschleb, Ann-Christine Krings Photography 56 - SACHWERTE-SPEZIAL www.fondsprofessionell.de | 3/2018 sachwerte I mifid II

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