SACHWERTE SPEZIAL, Sonderausgabe 2021

Deshalb währten die Verunsicherung und die Zurückhaltung nur kurz. Schon im zweiten Halbjahr 2020 nahmen die Ak- teure und der Dealflow wieder Fahrt auf. Die Stimmung wurde durch das Ausblei- ben einer riesigen Pleitewelle und staatliche Hilfsprogramme gestützt. „Letztlich gab es keine nachhaltige Bewertungskrise, die bei den Marktteilnehmern zu einer abwarten- den Haltung geführt hätte“, sagt Julien Zor- nig, Geschäftsführer von Astorius Consult. Bei den Übernahmen von etablierten Unternehmen (Buy-outs) legten die Fonds im ersten Halbjahr ein hohes Tempo an den Tag (siehe Grafik). Es gab nicht nur mehr, sondern auch größere Deals, sodass binnen der ersten sechs Monate des laufen- den Jahres laut Bain insgesamt bereits 539 Milliarden Dollar investiert wurden.Das ist fast so viel wie zuletzt in einem ganzen Jahr. Das durchschnittliche Transaktions- volumen lag bei 1,1 Milliarden Dollar, was gegenüber dem Vorjahreszeitraum einem Plus von 48 Prozent entspricht. Harter Wettbewerb Angesichts der riesigen Kapitalreserven der Beteiligungsgesellschaften müssen sich die Manager auf einen noch härteren Wett- bewerb bei neuen Investments einstellen – auch bei kleineren Deals. An Beteiligungsmöglichkeiten werde es jedoch nicht man- geln,meint der Investmentchef der Aurelis Group, Donatus Albrecht. Wesentliche Gründe dafür seien die Nachwirkun- gen der Coronakrise. „Denn viele Unternehmen überprüfen ihre Geschäftsmodelle nach dem schweren Schock und orientieren sich neu“, erläutert Albrecht. „Auch große Konzer- ne ändern aufgrund der fort- währenden Unsicherheiten ih- re Beteiligungsstruktur und trennen sich von Tochtergesell- schaften“, so der Marktkenner. Allerdings könnten Unternehmen, die operativ besser werden müssen, selbst Ein- stiegsmöglichkeiten für Investoren sein. Lemke bestätigt: „In Bereichen, die unmit- telbar unter den Pandemiefolgen leiden, bieten sich nun gerade für Private-Equity- Investoren vermehrt Chancen zum Ein- stieg oder zur Umsetzung von Konsolidie- rungsstrategien.“ Lukrative Investments Die Pandemie hat die Verwundbarkeit vieler Branchen schonungslos aufgedeckt. Dazu zählen unter anderem die Tourismus- industrie inklusive der Luft- und Seefahrt. Gleichzeitig wurde deutlich, wie wichtig beispielsweise der Gesundheitssektor und die Digitalisierung sind. Darüber hinaus gilt es, dem digitalen Wandel konsequent Rechnung zu tragen. „Private-Equity-Fonds müssen ihre technologische Kompetenz ausbauen“, mahnt Bain-Partner Schmitz. „Nur so können sie Chancen und Risiken neuer Beteiligungen richtig einschätzen und ihr Portfolio bestmöglich unterstützen.“ Dabei haben viele Fondsmanager ihren Investmentfokus bereits vor der Pandemie geschärft, zumal die Digitalisierung nicht erst seit dem Frühjahr 2020 um sich greift. Deshalb fand zuletzt schon jedes dritte Investment im Tech-Sektor statt. Vor allem Softwarefirmen sind gefragt. „Investoren interessiert aber nicht nur der Trend, sondern auch das Potenzial. Viele schauen daher opportunistisch auch in Branchen, die durch Corona gelitten haben“, sagt Zornig. Das gilt beispielsweise für Teile der alten Industrie, des stationären Handels, der Finanz- und der Healthcare- Branche, die nicht nur aus Biotechnologie und Pharmawirtschaft besteht. Respekt vor möglicher Blase Durch den Boom der Private-Equity- Branche sind die Unternehmensbewertun- gen auf ein Rekordniveau gestiegen. Der Einstiegspreis beispielsweise für IT-Unter- nehmen verdoppelte sich seit 2012 beinahe und lag voriges Jahr imDurchschnitt beim 20-Fachen des operativen Gewinns („Mul- tiple“). In vielen Fällen legen die Fonds eine Schippe drauf und zahlen das 30- Fache und mehr. Das US-Softwareunter- nehmen Realpage wurde im vergangenen Frühjahr sogar mit dem Faktor 40 verkauft. Derart hohe Preise nähren Sorgen vor einer Blasenbildung. Astorius-Manager Zornig sieht sie aber allenfalls bei den gro- ßen Beteiligungsgesellschaften, weil sie den größten Investitionsdruck hätten und des- halb für große Unternehmen hohe und im Wettbewerb stei- gende Preise zahlen müssten. „Die Impfstoffentwicklung und Biontech haben besonders der deutschen Biotech- und Pharmaindustrie internationale Aufmerksamkeit beschert.Weil dieser Zusammenhang aber kein Geheimnis ist, sind die Bewertungen entsprechend hoch“, so Zornig. Bei kleineren Unternehmen seien jedoch einstellige Einkaufs-Multiples immer noch die Regel. Eine differenzierte Sicht auf den Markt und eine selektive Investitionspolitik sind also Fels in der Brandung 10-jährige annualisierte IRR weltweiter Buy-outs Abgesehen von einer kleinen Delle in der Finanzkrise entwickelten sich die weltweiten Buy-outs insgesamt stabil. Quelle:Bain&Company /StateStreet -20 % -10 % 0 % 10 % 20 % 30 % '20 '19 '18 '17 '16 '15 '14 '13 '12 '11 '10 '09 '08 '07 '06 '05 Oberes Quartil Median Unteres Quartil fondsprofessionell.de 3/2021 63

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