Die Fondsgesellschaft BNP Paribas Asset Management hatte im vergangenen Jahr ihre ersten börsengehandelten Fonds (ETFs) mit aktiver Steuerung aufgesetzt. Die Fondstochter der französischen Großbank hat sich damit zu mehreren anderen Gesellschaften gesellt, die ETFs mit aktivem Management versehen. Welche Idee hinter dem Schritt steht, erläutert Claus Hecher, der bei BNP Paribas AM das ETF-Geschäft in Deutschland, Österreich, der Schweiz sowie den nordischen Ländern leitet, im Interview mit FONDS professionell ONLINE.


Herr Hecher, Ihr Haus bietet nicht mehr nur passive ETFs an, sondern auch aktive. Was war der Beweggrund?

Claus Hecher: Wir legen einen Schwerpunkt auf nachhaltige Strategien. In diesem Feld wandelte sich zuletzt die Nachfrage der Anleger. Sie interessieren sich zwar nach wie vor für nachhaltige Strategien, fordern zugleich jedoch ein Investment, das sich sehr nahe am Index bewegt. Das gelingt uns mit ETFs auf ESG-Aktienindizes mit vermindertem Tracking Error als Bestandteil der Methodik am besten. Geht es aber darum, zusätzlich das ESG-Profil zu schärfen und den Anforderungen internationaler Nachhaltigkeitssiegel Rechnung zu tragen, ist das mit den bisherigen ESG-Varianten der Benchmarks kaum zu leisten. Daher greifen wir für diese Anforderung auf aktives Management zurück.

Mit aktivem Management näher am Index liegen – das klingt paradox.

Hecher: Die strengeren nachhaltigen Varianten der Indizes arbeiten meist mit Ausschlüssen und einem Best-in-Class-Ansatz. Damit fällt ein großer Teil der Wertpapiere heraus und die Wertentwicklung weicht im Falle von Aktienindizes zwangsläufig von der Ursprungsbenchmark ab. Bis 2022 war das für die Anleger meist kein Problem, denn diese sogenannten SRI-Varianten erzielten eine teils deutlich positive Abweichung bei der Wertentwicklung. In den vergangenen beiden Jahren sah das anders aus. Daher halten Anleger zwar an nachhaltigen Investments fest, wünschen aber eine möglichst geringe Abweichung von den klassischen Benchmarks.

Wie hilft da nun aktives Management?

Hecher: Der aktive Ansatz verschafft uns mehr Freiräume. Wir können Titel auswählen, die einerseits Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, andererseits aber dabei helfen, die Wertentwicklung des Portfolios in die Nähe des Index zu rücken.

In den USA erfahren aktive ETFs einen großen Zulauf. In Europa wachsen sie auch, jedoch von einer weitaus niedrigeren Basis. Werden aktive ETFs in Europa ebenso erfolgreich wie in Nordamerika sein?

Hecher: Ich bin davon überzeugt, dass aktive ETFs ein starkes Wachstum verzeichnen werden. Wie jede Nische bergen auch aktive ETFs das Potenzial, sehr groß zu werden. Das kann im ETF-Markt auch ganz schnell gehen.

Werden ETFs einmal den klassischen Fonds den Rang ablaufen?

Hecher: Ich denke, dass aktive ETFs durchaus herkömmliche Fonds ablösen können. Denn die junge Generation investiert völlig anders. Sie geht sehr selten zu einem Berater, informiert sich selbst und will selbst entscheiden – und sie will über ETFs in die Finanzmärkte investieren. Das Smartphone ist für die junge Generation der Zugang zum Banking. Es hält sie jederzeit auf dem Laufenden über den Wert und die Titel ihres Investments. Das kann ein klassischer Publikumsfonds nicht leisten. Ich weiß nicht, ob alle traditionellen Asset Manager das Anlageverhalten der jüngeren Generation schon komplett auf dem Schirm haben.

Bei ETFs gibt es Felder, die zeitweise in Mode kamen, dann aber wieder verkümmerten.

Hecher: Ja, Faktorinvestments beispielsweise erwiesen sich letztendlich als Flop. Demgegenüber werden etwa Anleihen-ETFs ebenfalls ein erhebliches Wachstum verzeichnen. Sie eignen sich etwa sehr gut für Vermögensverwalter, die festverzinsliche Wertpapiere in kleinerer Stückelung in den Kundenportfolios einsetzen möchten. Denn bei Anleihen gab es in den vergangenen Jahren einen Trend zu größeren Stückelungen. Das machte es für Vermögensverwalter schwierig, Bond-Strategien für ihre Kunden umzusetzen. Anleihen-ETFs eröffnen da einen Ausweg.

Taugen ETFs auch als Vehikel für alternative Anlagen? So kamen ETFs auf, welche die Entwicklung von forderungsbesicherten Wertpapieren widerspiegeln, sogenannten Collateralized Loan Obligations.

Hecher: Ich bin der Meinung, dass ETFs ausschließlich liquide Instrumente abbilden sollten. Denn Transparenz und Liquidität sind die Kernelemente der Erfolgsgeschichte der ETFs. Auf der anderen Seite entwickeln sich die Märkte weiter, da sollte man stets offen für Neues sein.

Vielen Dank für das Gespräch. (ert)