Frauenpower fängt im Kleinen an: "Männer klopfen sich öfter gegenseitig auf die Schulter, wir Frauen sollten uns untereinander auch öfter loben", rät Julia Gräfin Arco-Valley. Sie weiß, wovon sie redet, schließlich ist sie im Energiesektor tätig – in der Branche also, in der der Frauenanteil noch immer am niedrigsten ist.

Auf dem vierten Gipfel des Karrierenetzwerks "Fondsfrauen", der am Vorabend des FONDS professionell KONGRESSES 2019 in Mannheim stattfand, berichtete Arco-Valley, wie sie während ihrer Arbeit beim Energiekonzern Eon auf die Idee für ein eigenes Unternehmen kam und kurze Zeit später gemeinsam mit einem Kollegen das Unternehmen B.Ventus gründete.

Kleine Windräder, mit denen Firmen autark und unabhängig von Subventionen Strom produzieren können, wird B.Ventus herstellen. Der Prototyp ist so gut wie fertig. Ob der Wind für sie als Frau in einem Energiekonzern nicht manchmal ziemlich rau gewesen sei, fragte Fondsfrauen-Mitgründerin Anne E. Connelly Arco-Valley auf dem Panel. "Nein", erklärte sie. "Ich war sehr häufig in Schweden tätig, und dort ist man in Sachen Gender Diversity schon sehr viel weiter."

Wenig erfreuliche Ergebnisse
In der deutschen Fondsbranche hingegen ist bei beim Thema Gleichberechtigung noch Luft nach oben. Dies zeigt die Analyse "Gender Diversity in der Asset Management Branche", die die Unternehmensberatung KPMG gemeinsam mit den Fondsfrauen zum zweiten Mal erstellt hat. Dafür wurden 17 Häuser zu Gender-Themen befragt. "Im Vergleich zur ersten Studie aus den Jahren 2015/2016 zeigt sich, dass das Thema in den Unternehmen inzwischen angekommen ist", sagte Julia Bewerunge von KPMG. Immerhin geben 82 Prozent der befragten Asset Manager an, dass sie Maßnahmen im Bereich Gender Diversity eingeleitet haben. Bei genauerem Hinsehen sind die Ergebnisse jedoch weniger erfreulich.

Zwar sind von den Bewerbern für eine Position bei einer Fondsgesellschaft 33 Prozent weiblich. Unter den Berufsanfängern liegt der Frauenanteil sogar bei 44 Prozent. Aber: Mit 41 Prozent sind Frauen unter den Angestellten, die länger im Unternehmen arbeiten, schon weniger stark vertreten. In der Geschäftsführung haben sie im Schnitt nur eine Qute von 16 Prozent. "Auf dem Weg durch die Unternehmenshirarchien geht für Frauen also etwas verloren", sagte Bewerunge.

Zudem seien Frauen noch immer stärker in Abteilungen wie dem Personalwesen und weniger in Kernbereichen wie dem Fondsmanagement oder dem Vertrieb vertreten. Und selbst im Personalwesen sind die Führungspositionen dann wieder eher von männlichen Mitarbeitern besetzt.

Frauen müssen selbstbewusster werden
Was also muss sich ändern, damit Frauen in der Finanzbranche endlich die sogenannten "Pink Ghettos" verlassen und zudem stärker in Führungspositionen gelangen? "Wir brauchen mehr Frauenförderung und eine Gender Diversity, die auch auf dem Papier sichtbar ist", erklärte Bewerunge. Unter anderem sei Equal Pay, also dieselbe Bezahlung von Männern und Frauen bei gleicher Qualifikation, notwendig. Allerdings müssten Frauen selbst auch aus ihrem "Confidence Gap", ihrem Mangel an Selbstbewusstein, herauskommen. "Solange schon fünfjährige Mädchen glauben, ihr Vater oder Bruder sei intelligenter als die Mutter oder sie selbst, ist es mit dem Selbstbewusstsein nicht weit her", sagte Bewerunge.

Von abenteuerlichen Aussagen zu ihrer Rolle als Frauen in der Finanzbranche berichteten die "jungen Wilden", die Fondsfrauen der zweiten Generation also. Moderiert von Netzwerk-Mitgründerin Manuela Fröhlich diskutierten sie auf dem Panel. "Wenn sich Dein Kollege daran gewöhnt hat, dass Du eine Frau bist, wird er sicher auch gern mit Dir zusammenarbeiten." Diesen Spruch musste sich etwa Hannah-Lea Hühn, heute Sales Manager bei Amundi Deutschland, zu Beginn ihrer Karriere bei einem Asset Manager anhören. Wichtig sei, dass Frauen eigene Netzwerke in ihren Unternehmen gründen, sagte sie. Hühn hat daher den "Ladies Lunch" ins Leben gerufen. Zudem sollten Frauen sich untereinander solidarischer zeigen – ähnlich wie Männer.

"An der Oberfläche gekratzt"
Anne E. Connelly vertrat die Ansicht, die Fondsfrauen hätten seit ihrer Gründung im Jahr 2015 zwar viel erreicht. Mittlerweile zählt das Netzwerk über 2000 Mitglieder, hat so viele Sponsoren gewonnen, dass interessierte Unternehmen zum Teil schon vertröstet werden mussten. Auch verschiedene Studien haben die Fondsfrauen erstellt. "Aber wir haben bisher nur an der Oberfläche gekratzt", sagte Connelly. Es sei lediglich gelungen, ein Bewusstsein für die speziellen Themen zu schaffen, mit denen Frauen in der Fondsbranche konfrontiert sind.

"Daher ist es wichtig, dass erfahrene Fondsfrauen jüngere unterstützen und sie mitziehen", erklärte Connelly. Junge weibliche Finanzprofis wiederum sollten sich vernetzen, ihre Chancen wahrnehmen. Und diejenigen, die über viele Jahre hinweg vorgemacht haben, wie erfolgreich Frauen in der Asset Management-Branche sein können, sollen im Herbst 2019 auf einer Veranstaltung von FONDS professionell mit einem eigenen Fondsfrauen-Award ausgezeichnet werden. Denn: Auch das Karrierenetzwerk ist der Ansicht, dass Lob sehr wichtig ist. (am)