Frank Fischer: "Den Free Lunch an der Börse gibt es sehr wohl"
Nur mit hohem Risiko lassen sich auch hohe Renditen erzielen – so heißt es in den Lehrbüchern. Doch Frank Fischer, Vorstandsvorsitzender und Investmentchef von Shareholder Value Management, sieht das ganz anders.
An der Börse gibt es ihn nicht, den "Free Lunch", den risikolosen Gewinn einer Anlage. Wer ordentliche Renditen erzielen will, muss Risiken eingehen. So steht es zumindest in den Lehrbüchern. "Ich behaupte, das ist Quatsch", konstatierte hingegen Frank Fischer, Vorstandsvorsitzender und Investmentchef von Shareholder Value Management, in seinem Vortrag beim FONDS professionell KONGRESS.
"Ein impulsgetriebener Investmentansatz, die Gier nach schnellen Gewinnen, ist in Wirklichkeit das Patentrezept für eine unterdurchschnittliche Performance", sagte Fischer. Eine stabile Outperformance lasse sich stattdessen mit langfristigen Investments in Qualitätsaktien erzielen. "Das eröffnet Anlegern tatsächlich die Chance, durchaus reich zu werden", so Fischer. Aber: Der vermeintlich "langweilige" Ansatz des Modern Value Investing erfordere Geduld.
Nicht unentdeckt
"Dass es den Free Lunch sehr wohl gibt, ist nicht unentdeckt geblieben", sagte Fischer. Warren Buffett und sein 2023 verstorbener Partner Charlie Munger hätten das Prinzip schon vor Jahrzehnten begriffen. "Charlie hat schon Ende der 1990er Jahre gesagt, die Performance von Berkshire Hathaway komme gar nicht aus den klassischen Value-Aktien, sondern aus den Qualitätspapieren von 'wonderful businesses', von 'wunderbaren Geschäftsmodellen'", berichtete Fischer. Wer in solche "wunderbaren Unternehmen" zu einem fairen Preis investiert und lange dabeibleibt, bekomme eine nachhaltig gute Rendite.
Natürlich hat der "Free Lunch" der Zukunft heute seinen Preis. "Die Firmen, die uns interessieren, gibt es in der Regel nicht zu klassischen Extrembewertungen, die man im üblichen Value Investing mit niedrigen Kurs-Gewinn- oder Preis-Buchwert-Verhältnissen bekommt", erklärte Fischer. Der "faire Preis" liege im Modern-Value-Ansatz schon etwas höher. Er lohne sich auf die Dauer jedoch.
Dynamisches Wachstum
Die "wunderbaren Firmen" gilt es zunächst zu erkennen. "Qualitätsunternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie Güter und Dienstleistungen anbieten, die dynamisches Wachstum verzeichnen", so Fischer. Die Unternehmen verfügten über Geschäftsmodelle, die hohe, meist zweistellige Kapitalrenditen erzielen. Optimalerweise würden die Gewinne zumindest zum Teil reinvestiert. Dieser gut funktionierende "Motor" sichere mittel- bis langfristig Erträge über dem Marktniveau, auch wenn die Kurse kurzfristig schwanken können.
Zudem seien Qualitätsfirmen oft Marktführer, die gegebenenfalls gestiegene Kosten an die Kunden weitergeben können. "Dies ist insbesondere bei drohender Inflation besonders vorteilhaft", sagte Fischer. Darüber hinaus hätten solche Unternehmen durch eine niedrige Verschuldung die Fähigkeit, in Krisenzeiten durchzuhalten.
Hohe Bruttomarge
"Das Erste, was man sich als Modern-Value-Investor anschaut, ist die Bruttomarge", erläuterte Fischer. Schließlich sorgt eine hohe Bruttomarge dafür, dass ein Unternehmen Kostensteigerungen wie zuletzt besser verkraften kann. "Für unseren Modern Value ETF suchen wir daher nach Firmen, die eine höhere Bruttomarge haben als der Aktienmarkt", berichtete er.
"Wir schauen auch darauf, dass Unternehmen über strukturelle Wettbewerbsvorteile verfügen", sagte Fischer. Diese müssten für mindestens zehn Jahre dafür sorgen, dass die Kapitalrenditen nicht verwässern. Solche Vorteile, auch als wirtschaftlicher Burggraben bezeichnet, können etwa Patente, Lizenzen oder Kostenvorteile sein. Aber auch "Marken mit Strahlkraft" gehören dazu. Da sie oft heißbegehrt sind, lassen sich Preiserhöhungen leicht durchsetzen. Darüber hinaus schauen Frank Fischer und sein Team darauf, dass Firmen familien- oder eigentümergeführt sind und über eine Unternehmenskultur verfügen, die junge Talente anzieht.
Investieren mit Sicherheitsmarge
Für die "wunderbaren Unternehmen" sollten Investoren aber nicht zu viel zahlen. "Im Modern-Value-Ansatz gilt es, Preisdisziplin einzuhalten, und dafür dient die Sicherheitsmarge", so Fischer. Das bedeutet, der Einstandspreis sollte deutlich unter dem inneren Wert liegen. Dabei gelte die Relation 60 Cent zu einem Euro.
"Die hohen Kapitalrenditen und die Möglichkeiten, diese über Reinvestitionen Jahr für Jahr noch mehr zu steigern, führen für Investoren dieser 'wunderbaren Firmen' zu einem sehr guten Zinseszinseffekt", so Fischer. Oder wie Warren Buffett es sagt: "Die Zeit ist der Feind des schlechten Unternehmens, und sie ist der Freund des guten Unternehmens."
"Den Free Lunch gibt es an der Börse sehr wohl", erklärte Fischer. Aber nicht für Anleger mit großem Appetit auf schnelle Gewinne. (am)