Garry Kasparov: KI öffnet weder Tore zum Himmel – noch zur Hölle
Die Entwicklung künstlicher Intelligenz zieht Umbrüche nach sich und birgt Risiken, meinte Schachweltmeister Garry Kasparov auf dem FONDS professionell KONGRESS. Doch Maschinen würden Menschen nie ersetzen können. Einer Zusammenarbeit entspringen aber bessere Ergebnisse.
Menschen werden nicht durch künstliche Intelligenz ersetzt, sondern vielmehr zu höheren Aufgaben befördert. Dies sagte der Schachweltmeister Garry Kasparov in seinem Eröffnungsvortrag zum zweiten Tag des FONDS professionell KONGRESSES 2025. "Die menschliche Intelligenz wird durch Computer verbessert, nicht ersetzt", erläuterte der Großmeister. "Maschinen machen uns smarter." Die Furcht vor einer Machtübernahme der künstlichen Intelligenz sei eine von Hollywood-Filmen geschürte Dystopie.
Kasparov gilt als einer der besten Schachspieler der Welt und hatte 1996 zunächst den Schach-Computer Deep Blue in einem Wettstreit besiegt. In einem Folgeturnier ein Jahr später unterlag er dann aber dem von IBM entwickelten System. "Ich wollte Rache", bekannte Kasparov in seinem Vortrag. Seither sei jedoch klar die Maschine überlegen. Er setzte sich eingehend mit der Interaktion zwischen Mensch und Maschine auseinander. Der in Baku geborene Schachmeister ist Kritiker des russischen Präsidenten Putin, verließ das Land, nahm die kroatische Staatsbürgerschaft an und lebt heute meist in New York.
"Der ultimative Test"
"Das Schachspiel galt als der ultimative Test dafür, ob Maschinen wie Menschen denken können", berichtete Kasparov in seinem Vortrag auf dem FONDS professionell KONGRESS über die Entwicklungsgeschichte der künstlichen Intelligenz. Er betonte, dass Maschinen nur insofern den Menschen überlegen seien, als dass ihnen weniger Fehler beim Schachspiel unterlaufen. "Talent und Kalkulationsfähigkeit sind wichtige Faktoren für den Erfolg", erläuterte Kasparov. "Doch der entscheidende Punkt ist ein guter Prozess."
So würde eine gute Interaktion zwischen Mensch und Maschine bessere Ergebnisse liefern als jeder für sich genommen – dies gelte über die Schachwelt hinaus, etwa für die Medizin, führte der Schachmeister als Beispiel an. Am Ende gebe aber immer noch der menschliche Intellekt und die Kreativität den Ausschlag. So ließen sich etwa Antworten des KI-Werkzeugs ChatGPT durch eine Abwandlung der Fragen manipulieren. "Der Computer kann Antworten liefern, aber nur der Mensch kann die richtigen Fragen stellen", erläuterte Kasparov.
"Europa schießt sich in den eigenen Fuß"
"Künstliche Intelligenz öffnet weder Tore zum Himmel – noch zur Hölle", folgerte der Großmeister in seinem Vortrag. Versuche, wie etwa der Europäischen Union, die Entwicklung zu regulieren, seien dagegen zum Scheitern verurteilt. "Man kann die Welt nicht gänzlich unreguliert lassen, aber es braucht eine Balance", erläuterte Kasparov. "Europa schießt sich in den eigenen Fuß, wenn es hier etwas begrenzt, das eine freie Entfaltung bräuchte."
Mit Blick auf die Gefahren, die der Einsatz künstlicher Intelligenz durch autoritäre Systeme wie in Russland oder China bergen könnte, mahnte Kasparov, dass es geradezu "tragisch ist, wenn die Technologie, die in der freien Welt entwickelt wurde, von denen genutzt wird, die sie aushöhlen wollen". Insgesamt plädierte der Schachmeister dafür, die neue Technologie zu akzeptieren, statt sie zu verdammen – und zu lernen, mit ihr umzugehen und sie zu nutzen. (ert)