Michael Krautzberger, Global Chief Investment Officer Fixed Income bei Allianz Global Investors, hat auf dem Sauren Fondsmanager-Gipfel keinen leichten Stand. Als Anleihenexperte steht er zwei prominenten Portfoliomanagern gegenüber, die zwar auch in festverzinsliche Papiere investieren, deren Herz aber doch eher für die Aktie schlägt: Bert Flossbach und Jens Ehrhardt.

Doch immerhin gehören Krautzberger die ersten Minuten der illustren Runde, die sich längst als beliebtes Format auf dem FONDS professionell KONGRESS etabliert hat. Dachfondspionier Eckhard Sauren möchte von Krautzberger wissen, mit welchen Entwicklungen am Rentenmarkt er rechnet. Von der US-Notenbank erwartet er nach einer Zinssenkungspause nur noch zwei kleine Schritte in diesem Jahr, die Europäische Zentralbank dagegen dürfte die Leitsätze weiter senken. Die Zeiten wirklich attraktiver Zinsen seien vorerst zwar vorbei, aber immerhin: Mit Blick auf europäische Unternehmensanleihen zeigt sich Krautzberger "relativ optimistisch". Die Papiere seien nicht mehr besonders günstig, aber doch aussichtsreicher als viele andere Segmente des Marktes.

Die größeren Chancen wittert Krautzberger woanders: "Anleihen aus Schwellenländern sind sehr interessant für aktive Asset Manager", ist der Allianz-Manager überzeugt. Einige asiatische Volkswirtschaften könnten vom aufziehenden Handelskrieg zwischen China und den USA profitieren, so seine Vermutung.

"Wenn die Konjunktur schlechter läuft, muss man aufpassen"
Ehrhardt dagegen blickt eher skeptisch auf europäische Unternehmensanleihen. Er verweist auf die seiner Meinung nach sehr niedrigen Risikoaufschläge (Spreads) der Papiere zu Bundesanleihen. "Wenn die Konjunktur schlechter läuft als erwartet, muss man aufpassen, dass man nicht von einer Spreadausweitung erwischt wird", sagt er.

Flossbach wird noch deutlicher: "Ich bin froh, dass ich gerade keinen Rentenfonds managen muss!" Die Zinsen seien zwar nicht mehr ganz so unattraktiv wie vor einigen Jahren, große Opportunitäten sieht er derzeit aber nicht. Er erinnert an das Jahr 2022, als sichere Staatsanleihen eine Nullrendite abwarfen, obwohl die Inflation schon anzog. "Damals waren Anleihen die bekloppteste Anlageklasse der Welt", sagt er.

Zwei Prozent nach Inflation – immerhin
Der Manager der milliardenschweren Multiple-Opportunities-Strategie hat zwar noch einige Nachranganleihen im Portfolio, die solide Renditen abwerfen, aber diese Papiere laufen bald aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass er das freiwerdende Geld am Rentenmarkt reinvestiert, dürfte eher klein sein. "Es gibt aktuell nur eine Region, in der Staatsanleihen einen positiven Realzins abwerfen, und das sind die USA", sagt er. Dort ließen sich mit inflationsgeschützten Staatsanleihen aktuell immerhin rund zwei Prozent nach Inflation verdienen.

In den USA stellten Anleihen angesichts vergleichsweise hoher Renditen eine Konkurrenz zu Aktien dar, die angesichts hoher Bewertungen in den kommenden Jahren keine sonderlich hohen Kurszuwächse erwarten ließen. "In Europa ist das anders", so Flossbach. Dort seien Aktien deutlich attraktiver als Anleihen. Krautzberger möchte das so nicht stehen lassen. "Ich bin ein bescheidener Bursche", meint er. "Ich gebe mich auch mit fünf Prozent auf britische Staatsanleihen zufrieden – auch dort ist die Realrendite übrigens positiv."

Anders als für Anleihen ist Ehrhardt für Aktien "grundsätzlich positiv" gestimmt. "Die Inflation kommt nicht wirklich runter, da sind Aktien besser als Anleihen", teilt er seine Überlegungen. "Vielleicht sollte man in Europa ganz antizyklisch die eine oder andere Aufstockung vornehmen." Europäische Aktien seien jedenfalls wesentlich günstiger als ihre US-amerikanischen Pendants.

Nvidia? Für Flossbach eine "vulnerable Aktie"
Thema auf der Bühne im vollbesetzen Mozartsaal im Congress Center Rosengarten ist auch das chinesische Start-up Deepseek, dessen offensichtlich sehr leistungsstarkes und zugleich günstiges KI-Modell zu Wochenbeginn einen Kursrutsch bei US-Technologiewerten auslöste – die Nvidia-Aktie sackte auf einen Schlag um 17 Prozent ab. Sauren erinnert daran, dass die "Magnificent 7"-Unternehmen in diesem Jahr 250 Milliarden US-Dollar in die KI-Entwicklung stecken wollen. Ist diese Summe angesichts des Deepseek-Erfolgs tatsächlich gut investiert?

Daran kommen durchaus Zweifel auf. Flossbach argumentiert, dass der wirtschaftliche "Burggraben", den die KI-Vorreiter aus den Vereinigten Staaten gebuddelt hatten, nur in der Wahrnehmung der meisten Investoren sehr groß und tief war. "Es scheint so, als ob er etwas flacher geworden ist", so der Fondsmanager. Deepseek habe gezeigt, dass Nvidia eine "vulnerable Aktie" sei: Der Titel war so hoch bewertet, dass es keinerlei Puffer mehr für enttäuschende Nachrichten gegeben habe.

"Ich rechne mein Gold immer nur in Kilo – also mein eigenes"
Sauren beendet die Runde mit einer weiteren Anlageklasse, die aktuell hoch im Kurs steht: Gold. Ehrhardt outet sich als Fan des Edelmetalls: "Ich komme seit 23 Jahren zum FONDS professionell KONGRESS und habe jedes Jahr empfohlen, in Gold zu investieren." Aktuell herrsche aber sehr großer Optimismus, was ihn vorsichtig werden lasse. "Kurzfristig scheint mir Gold zu sehr gehypt zu sein, darum werde ich aktuell kein neues Geld reinstecken", sagt der DJE-Kapital-Gründer. "Da warte ich lieber ab, bis es wieder etwas günstiger geworden ist. Ich bin mir aber sicher: Auf Dauer läuft Gold weiter."

Für Flossbach gibt es einen wesentlichen Grund, am Gold festzuhalten: die rasant zunehmende Staatsverschuldung. "Die hohen Schuldenstände bekommen wir nicht mehr runter", ist er überzeugt. Wie viel Euro oder Dollar für eine Feinunze aktuell zu zahlen sei, interessiere ihn wenig. "Ich rechne mein Gold immer nur in Kilo – also mein eigenes", sagt er und erntet einige Lacher im Publikum. Auch welchen Anteil das Edelmetall am Gesamtvermögen ausmache, sei ihm egal. "Gold ist und bleibt der Lender of Last Resort", letztlich also der ultimative Schutz fürs Portfolio. Und wohl alle im Saal hoffen, dass das Edelmetall diese Funktion so bald nicht wird erfüllen müssen. (bm)