TV-Journalist Kleber zu Trump: "Man muss auch Kröten schlucken"
Donald Trump ist im Moment allgegenwärtig. Auf der ganzen Welt versuchen sich Politiker und auch Wirtschafts- und Finanzexperten einen Reim auf die Pläne des US-Präsidenten zu machen. Der bekannte TV-Journalist Claus Kleber hat auf dem FONDS professionell KONGRESS seine Sicht erläutert.
Eins muss man dem alten und neuen US-Präsidenten Donald Trump lassen: Er weiß, wie man Aufmerksamkeit generiert. Schon vor seinem Amtsantritt und erst recht seitdem schaut die Welt auf die USA und ihn selbst. Allerdings ist es oftmals schwierig, wegen der schieren Fülle an Äußerungen Trumps und seiner Mitarbeiter, zu verstehen, was die neue US-Regierung wirklich möchte. Besucher des FONDS professionell KONGRESSES haben hier einen Vorteil – der bekannte Ex-Moderator des "Heute-Journal" und USA-Kenner Claus Kleber hat auf Einladung von Oddo BHF und zusammen mit Oddo-BHF-Chefanlagestratege Jan Viebig eine Einschätzung der Lage gegeben.
Vor zahlreichen interessierten Zuhörern führte Kleber aus, dass Trump mit seiner Rede zum Amtsantritt am 20. Januar, in der er vieles schwarz und vor allem falsch dargestellt habe, gezeigt habe, dass er keinen Anstand hat. "Das System in den USA funktioniert seit über 200 Jahren nur, weil bestimmte ungeschriebene Regeln gelten. Trump hat aber klar gemacht, dass er sich an diese nicht halten wird", so Klebers Einschätzung. Das betreffe auch die Beziehungen zu anderen Staaten, was insbesondere für die Europäische Union (EU) schlecht sei.
EU muss zusammenhalten
Das große Problem für Deutschland ist aus Sicht von Kleber, dass es alleine nicht auf die Trump-Politik reagieren kann. Das könne nur die EU: Trump werde versuchen, mit einzelnen Staaten bilaterale Verträge abzuschließen. Mit der wirtschaftlichen und politischen Macht der USA könne er seinen Willen dabei auch immer durchsetzen. "Die EU darf sich nicht auseinanderdividieren lassen, sonst hat Trump leichtes Spiel", mahnt Kleber. "Die EU muss daher eine funktionierende Einheit werden. Sie muss aus dem Grund auch intern mit Kräften kooperieren, deren Politik und Haltung letztlich antieuropäisch ist. Hier muss man auch Kröten schlucken", so Kleber.
Wie sieht die weitere Zukunft aus? Wird es eine Rückkehr zu einer "Politik mit Anstand" in den USA geben? "Die muss erkämpft werden", meint Kleber dazu. Er verweist darauf, dass die USA praktisch direkt wieder in den Wahlkampfmodus schalten, da in zwei Jahren das Repräsentantenhaus vollständig neu gewählt wird sowie ein Drittel der Senatssitze. Diesmal stehen besonders viele republikanische Senatoren zur Wahl. Trump müsse also liefern. Zudem wird er aber jede Möglichkeit ergreifen, um die Macht zu behalten. "Die Trump-Regierung wird demokratische Kontrollen abbauen", so Klebers Einschätzung. Zudem werden Behörden von unliebsamen Beamten gesäubert – hier lassen Trump und seine Mitarbeiter es auf Auseinandersetzungen vor Gericht ankommen. Ihre Chancen stünden nicht schlecht, denn auf Bundesebene gebe es mittlerweile viele rechtsgerichtete Richter.
Vorteile für US-Unternehmen
Jan Viebig ergänzte mit dem Blick des Kapitalmarktexperten auf die Neuausrichtung der US-Politik, dass es drei Bereiche gibt, auf die Europa und andere Länder aus wirtschaftlicher Sicht achten sollten: Das sind die Handels-, die Energie- und die Fiskalpolitik – sicher ist, dass Maßnahmen der neuen Regierung zum Nachteil anderer Länder gereichen werden. "Trump und sein Team planen Zölle, unter denen Deutschland, aber auch China leiden werden", so Viebig. Weiteres Problem gerade für Europa sei, dass Energie derzeit teuer sei. Die USA dagegen wollen vermehrt Energie fördern, auch fossile, was für die Unternehmen dort ein immenser Vorteil ist. "Und schließlich fördern natürlich auch die geplanten Steuersenkungen das Wirtschaftswachstum in den USA", meint Viebig.
Unterm Strich seien das klare Vorteile für US-Unternehmen, die zudem auch davon profitieren sollten, dass die Politik in den USA angebotsorientierter werde und die Regeln für künstliche Intelligenz gelockert werden. Problematisch sieht Viebig dagegen die sehr hohen Staatsschulden der USA. Zudem möchte Trump die Unabhängigkeit der Federal Reserve beschneiden. (jb)