Der Name Vanguard dürfte den meisten Finanzprofis ein Begriff sein. Immerhin handelt es sich um den weltgrößten Anbieter von Indexinvestments. Spätestens seit Eröffnung des Frankfurter Büros und dem Marktstart erster Produkte hierzulande im Juli 2018 dürften auch die letzten vom fünf Billionen US-Dollar schweren Asset-Management-Giganten aus den USA gehört haben, dessen legendärer Gründer Jack Bogle in der zurückliegenden Woche verstarb.

Im vergangenen Jahr hat die Redaktion bereits mit Vanguards Europachef Sean Hagerty über das rasante Wachstum des Unternehmens gesprochen. Neben ihm und Deutschlandchef Sebastian Külps ist der Name James M. Norris aber wohl den wenigsten bekannt. Dabei handelt es sich nach Vanguard-Vorstandschef Tim Buckley um die wichtigste Führungskraft des Unternehmens.

Norris ist als Managing Director für das gesamte Geschäft des Indexfondspioniers außerhalb der Vereinigten Staaten verantwortlich. Spätestens nach seinem Vortrag am 30. Januar 2019 auf dem FONDS professionell KONGRESS in Mannheim wird dieser Name ein Begriff sein. Hier gibt Norris schon Mal einen Vorgeschmack auf seine Präsentation.

Herr Norris, Ihr Vortrag auf dem FONDS professionell KONGRESS thematisiert, wie Demografie, Kostenbewusstsein und neue Beratungsmodelle Chancen und Herausforderungen für Berater und Anleger formen. Was meinen Sie damit konkret? 
Jim Norris: Die Finanzwelt verändert sich rasant. Investoren stehen vielfach unter Druck. Schauen Sie sich die steigende Lebenserwartung an oder den wachsenden Bedarf, Verantwortung für die Altersvorsorge in die eigene Hand zu nehmen. Und all das geschieht vor dem Hintergrund niedriger Renditeerwartungen aus Anlagevermögen. Für uns ist klar, dass sich die derzeitige Sparer- in eine neue Anlegermentalität ändern muss, sonst steht die finanzielle Zukunft vieler Bürger auf dem Spiel. Hinzu kommt der Kostenaspekt, denn geringere Kosten im Portfolio werden von einer zunehmenden Zahl von Anleger als klarer Vorteil bewertet.

Was ist die größte Herausforderung, die 2019 auf Berater zukommt?
Norris: Ein großes Thema bleibt die Regulierung, gerade im Hinblick auf das erste Jahr unter Mifid II. Mehr Transparenz und damit ein erhöhter Informationsbedarf werden weitere Prozesse und eventuell auch neue Herausforderungen hervorbringen.

Was meinen Sie konkret?
Norris: Meines Erachtens wird die Digitalisierung zukünftig vermehrt im Vordergrund stehen, gerade im Hinblick auf Prozessoptimierung, denn das führt unweigerlich zu weiteren Kostensenkungen. Beim Thema Kosten denken wir auch an die digitalisierte Beratung, die sicherlich in Zukunft für viele Berater an Bedeutung gewinnen wird.

Wie stehen Sie grundsätzlich zum Thema Mifid II?
Norris: Mit der durch Mifid II gesteigerten Transparenz tritt eine Demokratisierung des Finanzmarktes ein, die sowohl Beratern als letztlich auch Anlegern gute Chancen darbietet. Mir liegt viel daran, in diesem sich schnell verändernden Umfeld Chancen zu erörtern, aber auch die Herausforderungen aufzuzeigen.

Seit Oktober 2017 sind die europäischen ETFs von Vanguard an der Frankfurter Börse gelistet. Im Juli 2018 wurde das Frankfurter Büro eröffnet. Was hat sich seitdem getan?
Norris: Himmel, wie die Zeit fliegt! Das Listing und unsere Büroeröffnung waren tolle Meilensteine. Und seitdem waren wir nicht untätig. Das Frankfurter Team wurde massiv verstärkt: Momentan haben wir neun Kollegen im Büro vor Ort, die sich nun verstärkt um Vertriebspartner und Vermögensverwalter kümmern. Des weiteren sind wir in der Planung von Berater-Events und Konferenzen und werden 2019 unsere Vertriebsaktivitäten deutlich erhöhen.

Gab es Produkte, die bei deutschen IFAs seit dem Markteintritt besonders beliebt sind?
Norris: Hier gibt es eine klare Antwort: ETFs. Spezielles Interesse beobachten wir beim Thema Weltportfolios, zusammengestellt entweder durch mehrere Bausteine oder auch als Einzelprodukt wie zum Beispiel unserem Vanguard FTSE All-World Ucits ETF.

Welche Besonderheiten hat der deutsche im Vergleich zu anderen europäischen Märkten?
Norris: Nehmen wir den Vertrieb als Beispiel: Mifid II fordert seit vergangenem Jahr Transparenz auf EU-Ebene, wie sie in Großbritannien seit der Retail Distribution Review von 2013 üblich ist. Ich bin sicher, dass Mifid II eine "echte Anlageberatung" dank mehr Transparenz bei den Produkten stärkt. Zum Beispiel gewinnen Beratungsmodelle mit separater Gebührenvereinbarung an Bedeutung. Der klassische Verkauf steht hier vor gewissen Herausforderungen, da die neue Transparenz für mehr Wettbewerb und zusätzlichen Druck auf die Margen sorgt. Doch am Ende werden die detailliert aufgeschlüsselten Kosten den Anlegern nutzen.

Gibt es eine Botschaft, die Sie auf dem Kongress kommunizieren wollen?
Norris: Zum einen wollen wir klar vermitteln, dass Vanguard ein guter Partner für Berater und Vermögensverwalter ist. Zum anderen möchten wir erklären, weshalb ein von den Asset-Management-Kosten getrenntes Gebührenmodell mehr Chancen und Vorteile sowohl für Anleger als auch für die Berater bieten kann.

Einige Aussteller legen ihr Hauptaugenmerk auf ein bestimmtes Produkt. Steht auch bei Vanguard ein Vehikel besonders im Fokus?
Norris: Lassen Sie mich die Frage so beantworten: Das Produkt, das mir und meinen Kollegen am meisten am Herzen liegt, heißt Vanguard. Uns geht es darum, jedem Teilnehmer des Kongresses einen tiefen Einblick zu geben, wie wir ticken und warum wir letztlich anders als andere Asset-Management-Unternehmen sind. Damit einhergehend spielen natürlich Themen wie unsere genossenschaftliche Firmenstruktur und unsere kostensensitive Denkweise eine große Rolle, gerade im Hinblick darauf, wie wir unseren Kunden helfen können, das Preis-Leistungs-Verhältnis zu bekommen, das sie verdienen.

Vielen Dank für das Gespräch. (aem)