Anlageprofi: Vom Fluch, hinterher alles vorher gewusst zu haben
Was im Nachhinein vollkommen logisch erscheint, ist im Vorhinein nicht immer klar. Diesen "Hindsight Bias" sollten Markexperten bei ihren Vorhersagen nicht unterschätzen, sagt Anlageexperte Thomas Buckard.
Hinterher ist man immer schlauer – und manchmal wirkt das Ergebnis dann so logisch, dass es rückblickend schwer ist, sich vorzustellen, man hätte jemals ein anderes Resultat erwarten können. Diese Phänomen hat einen Namen: In der Behavioral Finance, der Börsenpsychologie, wird es als "Hindsight Bias", zu Deutsch Rückblicksverzerrung, bezeichnet. "Wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt, erhöht sich durchschnittlich seine Wahrscheinlichkeit in der Rückwärtsbetrachtung und verringert seinen Überraschungswert", sagt Thomas Buckard, Gründungsmitglied des Finanzdienstleisters MPF.
Diese Verzerrung stehe der nüchternen Analyse der aktuellen Marktentwicklung häufig im Weg. "Tatsächlich konnte sich vor einem Jahr kaum jemand – auch nicht bei den sogenannten Experten – eine solche Kursrallye vorstellen", sagt Buckard. Die Lehren aus der Coronakrise: "Investiert bleiben, Risiken verteilen, Anlagen diversifizieren, Klumpenrisiken vermeiden." Und sich der eigenen Befangenheit in der Analyse bewusst werden. Trotz "Hindsight Bias" wagt Buckard eine Prognose für die künftige Entwicklung an den Märkten. Die starken Preissteigerungen der jüngeren Zeit etwa dürften seiner Meinung nach vorübergehender Natur sein.
Vorsichtige Prognose
Besonders Vorhersagen zu der Entwicklung an den Aktienmärkten haben häufig etwas von einem Blick in die Glaskugel. Buckard rechnet damit, dass sich der in den vergangenen Monaten zu beobachtende Aufholtrend der europäischen Aktienmärkte fortsetzt. In den USA könnte es zwischenzeitlich zu mehr Volatilität in den Kursen kommen. "Da die Liquidität auch im zweiten Halbjahr nicht verebben sollte, spricht nach wie vor vieles für Aktien – wenn auch mit zwischenzeitlichem Gegenwind einsetzender Korrekturen", sagt Buckard. (fp)