Anlagestratege: Deglobalisierung als große Chance der Mittelgroßen
In einer fragmentierten Weltwirtschaft dürften gerade mittelgroße Firmen erfolgreich ihr Geschäft steuern können, meint Mathias Beil von der Sutor Bank. Sie seien flexibel, innovativ und doch gut vernetzt.
Dass sich die Weltwirtschaft tiefgreifend verändert, dürfte kaum jemand entgangen sein. Einer der vielen Aspekte: Jahrzehntelang galt die Globalisierung als Garant für Wohlstand und Effizienz. Heute mehren sich die Zeichen einer gegenläufigen Entwicklung – der Deglobalisierung. Und auch die könnte für bestimmte Firmen neue Chancen eröffnen, sagt Mathias Beil, Leiter Private Banking bei der Hamburger Sutor Bank.
Was das Beispiel Nexperia zeigt
"Im Rahmen der Sicherheitsdebatte gewinnen nationale Interessen an Gewicht und Staaten greifen zunehmend in wirtschaftliche Prozesse ein", sagt Beil. "Die Deglobalisierung schreitet voran – mit weitreichenden Folgen für Märkte und Anleger." Der niederländische Chiphersteller Nexperia sei dafür ein Beispiel: "Was als Symbol internationaler Kooperation begann, ist nun ein Lehrstück über geopolitische Abhängigkeiten", so Beil. Nachdem der Konzern 2016 an ein chinesisches Konsortium verkauft worden war, übernahm die niederländische Regierung im Oktober 2025 aus Sicherheitsbedenken die Kontrolle über das Unternehmen. Der Schritt verdeutlicht laut Beil, wie sehr wirtschaftliche und politische Interessen mittlerweile miteinander verwoben sind.
"Der Fall Nexperia zeigt exemplarisch, dass offene Märkte verwundbar geworden sind – und dass Staaten bereit sind, wirtschaftliche Eingriffe als Mittel geopolitischer Strategie zu nutzen", so Beil. Das markiere den Beginn einer neuen wirtschaftlichen Ära, nachdem jahrzehntelang das Prinzip galt: Produktion dort, wo sie am günstigsten ist. Heute zählt laut Beil zunehmend, wo sie am sichersten und politisch stabilsten möglich ist. "Der Trend zur strategischen Eigenständigkeit verändert die Wertschöpfungsketten und zwingt Unternehmen, ihre Strukturen neu zu denken", so der Private-Banking-Experte.
Mittelgroße Unternehmen mit hoher Anpassungsfähigkeit
Für Anleger bedeute das einen Paradigmenwechsel: "Die Ära der grenzenlosen Globalisierung weicht einer Phase neuer Regionalisierung", sagt er. Besonders große, stark international verflochtene Konzerne würden unter Druck geraten – durch Handelsbarrieren, regulatorische Auflagen und ihre Verwundbarkeit durch geopolitische Risiken. "Gleichzeitig entstehen neue Chancen bei Unternehmen, die ausgewogen zwischen lokaler Verwurzelung und internationaler Reichweite agieren", sagt Beil.
"Gerade mittelgroße Unternehmen, die flexibel, innovativ und regional gut vernetzt sind, können von dieser Entwicklung profitieren", sagt Beil. "Sie sind oft unabhängig genug, um globalen Störungen ausweichen zu können, aber gleichzeitig groß genug, um internationale Märkte zu bedienen." Ihr Geschäftsmodell basiert oft auf Anpassungsfähigkeit und Spezialisierung – Eigenschaften, die in einer Welt gestörter Lieferketten und wachsender Unsicherheiten an Bedeutung gewinnen. (jh)















