Auf kurze Sicht könnte die Rally an den Börsen in die Verlängerung gehen, vor allem bei den etwas zurückgebliebenen Aktienmärkten in den USA und China sieht Manfred Schlumberger, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Fürstlich Castell'schen Bank, noch Potenzial.

Massive Aktienrückkaufprogramme
Viele Investoren seien seit Monaten an der US-Technologiebörse Nasdaq unterinvestiert. "Trotz sinkender Gewinnerwartungen werden die Gewinne höher sein als beim Durchschnitt der US-Unternehmen", so der Kapitalmarktanalyst. Gleichzeitig seien die Bewertungen auch wegen der Sorgen vor zu hohen KI-Investitionen der Tech-Konzerne zurückgekommen. 

Schlumberger sagt: "Die Hoffnung, wegen der niedrigeren China-Zölle die Lieferketten nicht komplett neu aufstellen zu müssen, sollte die Kurse dieser Unternehmen weiter beflügeln." Dazu kommen die massiven Rückkaufprogramme in den USA: Die bisherigen Buyback-Zusagen deuten Schlumberger zufolge auf einen kräftigen Anstieg der Aktienrückkäufe von 19 Prozent im Jahresvergleich hin.

Stabilisierung des Dollar
Hilfreich für Investments in den USA dürfte seiner Meinung nach auch der aktuelle Stopp des extremen Dollar-Verfalls sein. Gerade, dass viele Investmentbanken sich momentan mit pessimistischen Dollar-Prognosen übertrumpfen, spreche eher für eine weitere Stabilisierung beim US-Dollar. 

Ansteckungsgefahr bei Pharmaaktien
Europäische Aktien könnten insbesondere durch einen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg weiter beflügelt werden, aber noch sei es nicht so weit, meint Schlumberger. Finanzwerte dürften vermutlich ihre Hausse wegen der weiteren Versteilerung der Zinskurven und der hohen Gewinne im Investmentbanking fortsetzen, so der Experte. Und: "Auch Aktien aus der zweiten Reihe wie dem M-Dax haben ihr Potenzial noch nicht ausgeschöpft."

Vorsicht sei dagegen bei Pharmaaktien geboten: "Nicht-US-Pharmaunternehmen werden aktuell von Trump mit Preisobergrenzen in den USA bedroht", sagt Schlumberger. Zwar sei es richtig, dass die Medikamentenpreise in den USA die höchsten in der Welt sind. Trump sehe allerdings die Schuld weniger bei den großen Pharmakonzernen als bei den "sozialistischen Gesundheitssystemen" in Europa, vor allem in Deutschland.

Auf Trump-Tipps achten
"Nach der enormen Aufholjagd der Aktienmärkte während der letzten vier Wochen spricht trotz kurzfristig möglicher weiterer Anstiege angesichts der zu erwartenden wirtschaftlichen Schäden viel für eine Konsolidierung über die Sommermonate", meint Schlumberger. 

Andererseits genüge es Anlegern, auf konkrete Aktienkaufempfehlungen von Trump zu achten: "Seine beiden letzten Empfehlungen brachten schnelle Gewinne. Da er als US-Präsident über dem Gesetz steht, hat dies nichts mit verbotenen Insidertipps zu tun!" (jh)