Bert Flossbach ätzt gegen Robo-Marktführer
Indexfonds sind nicht besonders sinnvoll – und aufgrund ihrer Konstruktionsweise sogar brandgefährlich für die Märkte. Das sagt Starfondsmanager Bert Flossbach in einem Streitgespräch mit Scalable-Capital-Gründer Erik Podzuweit.
Bert Flossbach, Gründer und Fondsmanager der Investmentgesellschaft Flossbach von Storch, hält börsengehandelte Indexfonds (ETF) für brandgefährlich. Das sagt er in einem Streitgespräch mit Erik Podzuweit, einem der Gründer und führenden Köpfe des Online-Vermögensverwalters Scalable Capital, das in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) erschienen ist. Flossbach agiert als aktiver Fondsmanager, während Podzuweits Firma zur Geldanlage allein auf ETFs setzt, die die Wertentwicklung eines Börsenindex exakt nachbilden.
Flossbach hält ETFs aus verschiedenen Gründen für wenig sinnvoll. "Nur wer sich wie wir die Aktien vieler einzelner Unternehmen anschaut, bekommt ein Gespür dafür, wo sich Chancen bieten und welche Aktien bereits zu teuer sind." Es gebe noch wichtigere Argumente dafür, aktiv zu investieren: Aktionäre seien Eigentümer, und aktive Fondsmanager schauten Unternehmen respektive deren Entscheidern deshalb sehr genau auf die Finger. "Diese Form der Kontrolle macht Unternehmen wertvoller", ist Flossbach überzeugt.
ETF-Investoren, die Flossbach als "Trittbrettfahrer" bezeichnet, übten dagegen keinerlei Druck auf das Management börsennotierter Unternehmen aus: "Wenn es nur noch ETF gäbe, also die Aktionäre als Eigentümer ihre Unternehmen nicht mehr kontrollierten, würden die Kapitalmärkte nicht mehr funktionieren", sagt Flossbach.
Konstruktionsweise von ETF kann gefährlich werden
Auch die Konstruktionsweise von ETFs könnte dem Starfondsmanager zufolge zu Problemen am Kapitalmarkt führen. Denn mit ETFs fließe immer mehr Geld in die gleichen Aktien, was deren Börsenwert in immer neue Höhen treibe. Obskure Bewertungen wie die der Amazon-Aktie seien das Ergebnis dieser Entwicklung. "Das wird nicht gut enden", warnt Flossbach.
Die Behauptung, dass ETFs nie schlechter abschneiden als der Markt, hält er für einen Mythos. Zudem verführe die sekündliche Handelbarkeit der passiven Produkte viele Anleger zu prozyklischem Handeln – also dazu, immer dem Trend zu folgen. "Das kostet auf Dauer eine Menge an Handelsgebühren, also viel Geld", sagt Flossbach.
Klassische Fondsmanager leiden unter Selbstüberschätzung
Podzuweit hält in dem Gespräch dagegen: "Die meisten aktiven Fondsmanager scheitern an ihrer Aufgabe", sagt er. Niemand sei dauerhaft schlauer als der Markt, wie Statistiken mehrfach belegen. Nicht umsonst gehörten selbst Investmentikonen wie Warren Buffett zu den klaren Befürwortern von ETF-Anlagen. Selbstwahrnehmung und Realität klafften bei den meisten aktiven Investoren dennoch weit auseinander.
Auch der behauptete Einfluss von Aktionären auf Unternehmen werde oft überschätzt: "Über Wohl und Wehe eines Unternehmens entscheiden in erster Linie die Kunden", argumentiert Podzuweit. Der Mobilfunkkonzern Nokia beispielsweise habe seine Position als Weltmarktführer nicht deshalb eingebüßt, weil ETF-Investoren sich zu passiv verhalten haben, sondern weil die Menschen keine Nokia-Handys mehr hätten haben wollten.
Konkurrenz belebt das Geschäft
Gäbe es nur noch ETF-Investoren, hätte dies auch nach Ansicht des Scalable-Gründers massive Verwerfungen an den Märkten zur Folge. "Aber dazu wird es nie kommen", so Podzuweit. Würden fast alle Anleger auf ETF setzen, gewönnen die wenigen verbliebenen aktiven Investoren seiner Einschätzung nach sogar an Einfluss. "Kaufen sie beispielsweise eine bestimmte Aktie, müssen alle ETF-Anleger nachziehen – eben weil ETF genau die Veränderungen innerhalb eines Aktienindex nachahmen. Das schafft dann wieder genügend Anreize, es mit aktivem Management zu versuchen."
Auch Scalable agiert jedoch nicht vollständig passiv: "Natürlich liegen auch unserem Anlagesystem Annahmen zugrunde. Beispielsweise mussten wir uns zu Beginn entscheiden, welche Anlagearten, Weltregionen und Währungen wir über ETF abdecken", erklärt der Scalable-Capital-Gründer. Zudem passt die Firma die Aufteilung auf die einzelnen Anlageklassen an, wenn es das Risikomodell erfordert.
Emotionen sind keine Hilfe
Dies allerdings erfolge nach einem streng regelgebundenen Modell, also ohne Emotionen, sagt Podzuweit. Seiner Ansicht nach lassen sich die meisten aktiven Investoren zu sehr von ihren Gefühlen leiten.
Dem widerspricht Flosbach energisch: "Wir folgen einem festen Weltbild, einer Investmentphilosophie, die wir wegen kurzfristiger Kursausschläge nie in Frage stellen würden", sagt er. Deshalb sei das Risiko, emotionsgeleitet zu investieren, auch für ihn als aktiven Manager äußerst gering. (fp/ps)
Kommentare
Wer macht den Markt?
Antworten"Die meisten aktiven Fondsmanager scheitern an ihrer Aufgabe", sagt er. Niemand sei dauerhaft schlauer als der Markt, wie Statistiken mehrfach belegen." Nun ja, diese Statistiken unterstellen ja auch, dass zuerst der Markt da ist und dann sollen die Manger den mal gefälligst schlagen. Die Annahme ist aber schon grundsätzlich falsch, denn ein Markt muss erst entstehen. Und das passiert durch Handeln nach Angebot und Nachfrage der aktiven Manager. Das bedeutet, dass die Kurse sich erst bilden müssen, um danach entscheiden zu können, welcher Manager jetzt besser oder schlechter war. Und da per se mindestens einer von zwei Kontrahenten falsch liegen muss, kann derjenige, der z.B. zum Höchstkurs kauft zuerste einmal nur schlechter sein als der Verkäufer, wenn es danach den Berg runter geht. Nur, die "Guten" Manager brauchen die "Schlechten" Manager und auch der Markt/Indexpreis entsteht erst durch das Zusammenwirken beider. Und da das Pareto-Prinzip überall gilt, haben wir eben statistisch weniger Manager, die den Markt schlagen als umgekehrt. Wobei dies auch wieder vom Index und vom Betrachtungszeitraum abhängt. Auch der schnellste Mann der Welt ist nur dann der schnellste, wenn es auch langsamere gibt. Klaus Gurniak Portfolio-Manager TAM AG
gurniak@yahoo.de am 05.09.17 um 12:40