Bond-Profi: "Geldpolitik agiert weiterhin viel zu restriktiv"
Die beiden Co-Fondsmanager des Jupiter Dynamic Bond sind überzeugt: Die Entwicklung der Weltwirtschaft wird in den nächsten Monaten deutliche Zinssenkungen erforderlich machen. Das werde vor allem Government Bonds zugutekommen.
Anleihen-Experte Ariel Bezalel, gemeinsam mit Co-Fondsmanager Harry Richards für die Geschicke des Jupiter Dynamic Bond verantwortlich, erwartet für die kommenden Monate deutliche Zinssenkungen, die vor allem Staatsanleihen zugutekommen dürften. Als Gründe dafür nennen beide schwächelnde Konjunkturdaten, aber auch steigende Arbeitslosenzahlen, insbesondere in den USA.
Die Arbeitslosenquote sei in den vergangenen zwölf Monaten deutlich gestiegen, die absoluten Arbeitslosenzahlen seien dagegen weiterhin moderat und nicht allzu weit von dem Niveau entfernt, das der Definition von Vollbeschäftigung entspreche. "Besorgniserregend ist allerdings das Tempo des Anstiegs der Arbeitslosenzahlen", so Bezalel, zumal dieses in den USA in der Vergangenheit ein sehr guter Rezessionsindikator gewesen sei.
Die Verfassung der US-Wirtschaft bleibe jedenfalls angespannt. "Die während der Pandemie angesammelten Sparüberschüsse sind laut Schätzungen mittlerweile aufgebraucht, und die Ausfallraten bei Verbraucherkrediten steigen", so der Jupiter-Experte. Zwar würden die Beschäftigungsdaten auf den ersten Blick Robustheit zeigen, doch der Zuwachs betreffe primär nicht-zyklische Bereiche wie den öffentlichen Sektor und das Gesundheitswesen. Bezalel: "Zyklische Arbeitsplätze hingegen deuten auf eine schwächelnde Wirtschaft hin."
Diverse Regionen unter Druck
Wenig zuversichtlich zeigt sich der Bond-Profi für die konjunkturelle Entwicklung in Regionen außerhalb der USA. In der Eurozone stagniere die Erholung, bedingt durch strukturelle Schwächen wie eine schwache Demografie und fehlende Wettbewerbsfähigkeit. Die Industrie leide zusätzlich unter der starken Konkurrenz aus China. Auch in Großbritannien schwäche sich die wirtschaftliche Dynamik nach einer soliden ersten Jahreshälfte 2024 wieder ab.
Australien habe im zweiten Quartal das schwächste BIP-Wachstum der vergangenen drei Jahrzehnte verzeichnet, wenn man die Zeit der Pandemie außen vor lasse. Und die neuseeländische Wirtschaft schrumpfe bereits. In China wiederum seien geldpolitische Lockerungen zwar positiv aufgenommen worden, Bezalel wertet das jedoch als Zeichen für tieferliegende strukturelle Schwächen der dortigen Wirtschaft.
Inflationsdruck lässt nach
Insgesamt zeige die globale Entwicklung, dass die Inflation zunehmend an Bedeutung verliere. "Der verzögerte Rückgang der Dienstleistungspreise könnte in den kommenden Monaten sogar noch mehr Raum für eine disinflationäre Entwicklung bieten", ist Bezalel überzeugt. Das lässt aus seiner Sicht nur den Schluss zu, dass die Geldpolitik in den wichtigsten Industrieländern nach wie vor zu restriktiv ist. Von daher müsse man davon ausgehen, dass die Zinsen weiter gesenkt werden müssen, um ein neutrales Niveau zu erreichen. Die Märkte hätten zwar moderate Zinssenkungen eingepreist, das Risiko einer möglichen Rezession werde jedoch noch unterschätzt.
In einem Szenario, in dem es zu noch deutlicheren Zinssenkungen kommen könne, bevorzugen Bezalel und Richards Staatsanleihen der Industrieländer. Als besonders attraktiv gelten ihnen dabei US-Treasuries, britische und australische Staatsanleihen. "Unternehmensanleihen hingegen erscheinen uns nach wie vor als teuer, da die Spreads nahe ihren Allzeittiefs liegen", so Bezalel, der eine höhere Duration im Portfolio als vorteilhaft betrachtet. Trotz der selektiven Haltung gegenüber Corporate Bonds sei aber eine gewisse Allokation in Kreditanlagen sinnvoll, um eine gute Diversifikation zu gewährleisten und zusätzlichen Carry zu generieren. (hh)