Bundesbank-Chef befürwortet gemeinsame Schulden für EU-Verteidigung
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel fordert einen europäischen Verteidigungshaushalt – finanziert durch gemeinsame Schulden. Damit schließt er sich EZB-Chefin Christine Lagarde an und stößt eine Debatte über die Zukunft der europäischen Finanz- und Sicherheitspolitik an.
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hat sich für die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Haushalts für Verteidigungsausgaben ausgesprochen. Dieser könne durch gemeinsame Schuldenaufnahme der EU-Mitgliedstaaten finanziert werden, sagte er am Dienstag (7.10.) bei einer Veranstaltung in Athen.
"Ich unterstütze nachdrücklich, was im Draghi-Bericht zum Thema Verteidigung, unserer europäischen Sicherheit, steht", erklärte Nagel, der auch Mitglied im EZB-Rat ist. "Warum nicht über einen gemeinsamen Verteidigungshaushalt auf europäischer Ebene nachdenken? Dies hätte einen positiven Nebeneffekt: ein sicheres Asset."
Unterstützung von EZB-Chefin Lagarde
Nagels Vorschlag steht im Einklang mit den jüngsten Äußerungen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Sie hatte zu Wochenbeginn betont, dass "die gemeinsame Finanzierung öffentlicher Güter – wie Verteidigung – dazu beitragen würde, einen sicheren und liquiden Pool öffentlicher EU-Schulden zu schaffen".
Eine solche Initiative würde die EU in eine neue finanzpolitische Dimension führen – weg von nationaler Einzelverantwortung, hin zu gemeinsamer europäischer Finanzierung zentraler Aufgaben.
"Draghi-Bericht" als Vorlage für mehr Wettbewerbsfähigkeit
Die Idee gemeinsamer EU-Schulden geht auf den "Draghi-Bericht" zurück, den der ehemalige italienische Premierminister Mario Draghi vor rund einem Jahr zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit vorgelegt hatte. Darin wird eine vertiefte wirtschaftliche Integration und eine gemeinsame Finanzarchitektur für strategische Projekte wie Verteidigung, Energie und Digitalisierung empfohlen.
Allerdings bleibt das Thema umstritten: Einige Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, stehen einer Vergemeinschaftung von Schulden weiterhin skeptisch gegenüber.
"Wir sollten in eine solche Richtung denken"
Nagel betonte, die geopolitische Lage Europas verlange neues Denken und mutige finanzpolitische Ansätze: "Dies ist eine besondere Situation, wir sind mit sehr komplizierten Umständen konfrontiert", sagte er. "Vielleicht müssen wir über den Tellerrand hinausschauen."
Er verwies auf das "europäische Interesse" und hob hervor, dass die gemeinsame Sicherheit Europas Vorrang haben müsse. "Es ist eine europäische Sicherheit, die wir so dringend brauchen", so Nagel. "Wir sollten in eine solche Richtung denken."
Gemeinsame Schulden als strategisches Finanzinstrument
Die EU hat bereits in der Corona-Pandemie erstmals gemeinsame Schulden aufgenommen, um die wirtschaftliche Erholung zu finanzieren. Ein ähnliches Modell für die Verteidigungsfinanzierung könnte laut Experten die enorme Finanzkraft der Union freisetzen und zu Kostensenkungen beitragen. (mb/Bloomberg)















