Deal auf der Kippe: EU alarmiert über neue US-Forderungen
Neue Forderungen aus Washington drohen den mühsam erzielten Handelskompromiss zwischen der EU und den USA zu gefährden. In Brüssel wächst die Sorge, dass die Trump-Administration auf zusätzliche Zugeständnisse drängt – und damit die Stabilität des Abkommens untergräbt.
Vertreter der Europäischen Union sehen die jüngsten Forderungen der US-Regierung unter Präsident Donald Trump als mögliche Gefährdung des transatlantischen Handelsabkommens, das erst im Sommer eine Eskalation im Zollstreit verhindert hatte.
Laut einem "Bloomberg"-Bericht unter Berufung auf Insider hat Washington der EU Anfang Oktober einen neuen Vorschlag übermittelt, der "gegenseitigen, fairen und ausgewogenen Handel" zum Ziel haben soll – aus Brüsseler Sicht aber weit über das bisher Vereinbarte hinausgeht.
Brüssel spricht von maximalistischen Forderungen
Mehrere EU-Vertreter beschrieben die neuen US-Anliegen als maximalistisch. Die verlangten Zugeständnisse seien erheblich, berichteten Personen, die mit den Gesprächen vertraut sind. Details wurden den EU-Mitgliedstaaten bei einem Treffen am Mittwoch (8.10.) präsentiert.

Kritik entzündet sich daran, dass die USA laut Insidern offenbar Einfluss auf EU-Regulierungsthemen nehmen wollen – darunter Digital-, Technologie-, Klima- und Unternehmensvorschriften. Die EU habe jedoch wiederholt betont, dass die Beibehaltung der Regulierungsautonomie eine rote Linie sei, sie werde sich aber zu jedem Thema mit den USA beraten.
"Wir konzentrieren uns derzeit auf die gewissenhafte Umsetzung der gemeinsamen Erklärung der EU und der USA. Sie ist entscheidend für den Erhalt unseres transatlantischen Handels, den Schutz von Unternehmen und Arbeitsplätzen", sagte Kommissionssprecher Olof Gill. "Diese Erklärung bleibt die Grundlage unserer strategischen Zusammenarbeit."
15-Prozent-Zollsatz als zentraler Kompromiss
Im Zentrum des Abkommens steht ein Zollsatz von 15 Prozent auf die meisten EU-Waren, die in die USA exportiert werden. Die Trump-Regierung hatte zugesagt, europäische Autos unter diese Regelung fallen zu lassen – statt sie mit dem höheren Sektorenzoll von 25 Prozent zu belegen. Auch Pharmaexporte sollen künftig gleichbehandelt werden.
Im Gegenzug legte die EU Vorschläge vor, um Zölle auf US-Industriegüter und ausgewählte Agrarexporte zu senken. Diese Änderungen müssen jedoch noch vom Europäischen Parlament genehmigt werden.
Streit um Stahl, Aluminium und Agrarprodukte
Wenig Fortschritte gibt es laut EU-Kreisen bei den Verhandlungen zur Senkung der US-Zölle auf Stahl und Aluminium, die derzeit bei 50 Prozent liegen. Die EU plant nun, ähnliche Schutzmaßnahmen einzuführen: Importe oberhalb bestimmter Quoten sollen ebenfalls mit 50 Prozent Zoll belegt werden.
Washington habe sich zudem dagegen gewehrt, Wein und Spirituosen in die Liste der von den 15-Prozent-Zöllen befreiten Produkte aufzunehmen. Gleichzeitig erweitere die US-Regierung die Liste von Stahl- und Aluminiumderivaten unter dem hohen Zollsatz – und bereite offenbar weitere Abgaben auf Medizintechnik und Hightech-Produkte vor.
Laut EU-Vertretern drohe dadurch eine Erosion der vereinbarten Zollobergrenze, was die Stabilität des Deals gefährden könnte.
"Stabilität ist das wichtigste Argument"
EU-Industriekommissar Stéphane Séjourné warnte vor den möglichen Folgen: "Das wichtigste Argument, um den Deal unserem privaten Sektor und der Öffentlichkeit schmackhaft zu machen, ist die Stabilität", sagte er im Gespräch mit "Bloomberg News". "Ohne Stabilität über vier Jahre hinweg kann man nur schwer sagen, dass dieses Abkommen ein gutes Geschäft ist."
Brüssel will nun die Mitgliedstaaten konsultieren, um über den weiteren Kurs gegenüber den USA zu entscheiden. (mb/Bloomberg)














