DWS: Vorsicht ist das Gebot der Stunde
Angesichts zahlreicher Unsicherheitsfaktoren rät die Fondstochter der Deutschen Bank zu einer vorsichtigen Positionierung. Die DWS-Strategen sehen in bestimmten Anlageregionen aber durchaus Potenzial für Anleger.
"Wir müssen uns von Datenpunkt zu Datenpunkt hangeln und immer wieder neu bewerten", schreibt Björn Jesch, Global Chief Investment Officer der DWS, im monatlichen Marktausblick der Deutsche-Bank-Tochter. Es gebe einige Unsicherheitsfaktoren, dabei sei es schwer einzuschätzen, welches Problem am höchsten zu gewichten sei: die nach wie vor zu hohe Inflation, die Rezessionsgefahr oder die Sorge vor der Ausbreitung der Krise um US-Regionalbanken.
Das mache die Prognosen für die weitere Entwicklung der Kapitalmärkte äußerst schwierig. Bei der Kapitalanlage sei daher Vorsicht und Flexibilität das Gebot der Stunde. Die zuletzt deutlich gesunkenen Renditen zehnjähriger US-Anleihen stützten immerhin die Bewertung des US-Aktienmarktes, besonders in zinssensitiven Bereichen wie dem Technologie- und dem derzeit positiv eingeschätzten Kommunikationssektor. "Allerdings rechnen wir bis Jahresende mit höheren Zinsen als der Markt sie derzeit einpreist", so Jesch.
Gemischte Aussichten für die Anlageregionen
Das Wirtschaftswachstum in den USA fiel im ersten Quartal mit plus 1,1 Prozent recht mager aus. Einiges deute darauf hin, dass die Vereinigten Staaten im Lauf des Jahres in eine leichte Rezession schlittern, lautet die DWS-Einschätzung. Die Fondsgesellschaft hält es für wahrscheinlich, dass die US-Unternehmensgewinne bestenfalls ein Nullwachstum erreichen und sieht angesichts der nach wie vor hohen Bewertung derzeit kein Kurspotenzial für US-Aktien.
Europa sei hingegen gut ins zweite Quartal gestartet, dank eines starken Dienstleistungssektors habe der Einkaufsmanagerindex den höchsten Stand seit elf Monaten erreicht. Europäische Aktien hätten dementsprechend US-Titel deutlich hinter sich gelassen. Auch europäische Unternehmen müssten aber damit leben, dass die Gewinnerwartungen nach unten revidiert wurden. Selektive Investments hält die DWS daher für aussichtsreicher als den breiten europäischen Aktienmarkt. Weniger optimistisch ist die Fondsgesellschaft für deutsche Aktien: Auf dem derzeitigen Kursniveau gebe es wenig Potenzial für deutliche Kursanstiege, zumindest auf Indexebene – ausgewählte Werte würden aber auch hier Kurschancen bieten.
Besser sieht es wiederum für Schwellenländeraktien aus, die von der abflauenden Dollar-Stärke und einem Ende der US-Zinserhöhungen profitieren sollten. Dabei seien die meisten Schwellenländer moderat bewertet. Die DWS sieht Chancen auf eine zyklische Erholung im zweiten Halbjahr, sofern die Rezession in den Industriestaaten nur moderat ausfällt.
Viele verharren an der Seitenlinie
Bei der Positionierung ist Marcus Poppe, Co-Head europäische Aktien bei der DWS, derzeit insgesamt eher vorsichtig: "Heftige Ausschläge des Marktes, positive oder negative, sind durchaus vorstellbar." Das zeige sich auch am Verhalten der Marktteilnehmer: "Viele trauen der Situation nicht und verharren an der Seitenlinie. Die Renditechancen dürften auf kurze bis mittlere Sicht beim derzeitigen Niveau recht moderat sein." Interessant sind für ihn im aktuellen Umfeld strukturelle Wachstumswerte, beispielsweise aus dem Gesundheitsbereich oder auch europäische Banken. Letztlich favorisiert Poppe aber eine breite Aufstellung: "Ich bin mir nicht sicher, ob wir an den Märkten schon alles gesehen haben." (fp)