Die jüngsten Daten deuteten darauf hin, dass die Zinssenkungen um jeweils einen Viertelprozentpunkt fortgesetzt werden sollten, sagte EZB-Ratsmitglied Peter Kazimir am Montagabend (20.1.) in einem Interview mit der Nachrichtenagentur "Bloomberg". Die erhöhte Unsicherheit bedeute jedoch, dass die EZB flexibel bleiben müsse, falls sich die Lage ändere.

"Drei oder vier Zinssenkungen in Folge sind machbar – aber gleichzeitig muss ich sagen, dass wir nicht darauf schwören können", sagte der slowakische Notenbankchef. Mit Blick auf die kommende Woche sei es für ihn eine "beschlossene Sache".

Uneinigkeit im EZB-Rat
Vor der ersten Sitzung im Jahr 2025 haben die meisten EZB-Ratsmitglieder ähnliche Signale gesendet und Ökonomen und Händler erwarten unisono einen solchen Schritt. Dennoch wird die Debatte darüber, wie schnell und wie stark die Zinsen weiter sinken müssen, zunehmend hitziger. Während einige befürchten, dass ein schwacher Euro die anhaltenden Inflationsrisiken noch verstärkt, sind andere besorgt, dass eine allzu restriktive Geldpolitik den Disinflationsprozess zu weit treiben könnte. 

"Was wir vor allem brauchen, ist ein Gleichgewicht zwischen zu vorsichtigem und zu aggressivem Handeln", sagte Kazimir. Die EZB sei auf dem richtigen Weg, um die Inflation wieder auf ihr Zwei-Prozent-Ziel zu bringen – auch wenn die Arbeit noch nicht getan sei. Zwar werde das Lohnwachstum weiter nachlassen und den Preisdruck bei Dienstleistungen dämpfen, jedoch brauche es "hieb- und stichfeste Beweise dafür, dass dieser Kanal funktioniert – und das wird eine gewisse Zeit dauern", sagte er.

Risiken aus der Geopolitik
Die Geopolitik birgt laut Kazimir zusätzliche Risiken. Zum einen ist da der Preisdruck, der mit der Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump einhergehen dürfte, und zum anderen sind es die aus China stammenden disinflationären Kräfte.

Die wirtschaftlichen Folgen der Politik Trumps seien dabei viel besorgniserregender als ihre potenziell inflationären Auswirkungen – insbesondere angesichts des bereits jetzt "sehr langsamen Potenzialwachstums". "Die strukturellen Probleme Europas sind viel wichtiger und schmerzhafter", sagte Kazimir. "Mit Trumps Wirtschaftspolitik werden Europas Wettbewerbsprobleme noch größer werden." (mb/Bloomberg)