Bert Flossbach traut dem breiten Aktienmarkt in der nächsten Dekade keine sonderlich großen Sprünge mehr zu. "Die kommenden zehn Aktienjahre dürften deutlich bescheidener ausfallen als die vergangene Dekade", schreibt er im soeben erschienenen Kapitalmarktbericht seines Unternehmens Flossbach von Storch. "Der Grund dafür liegt in der aktuell hohen Bewertung des US-Aktienmarkts, die schon einen Teil des zukünftigen Wachstums der Unternehmensgewinne vorweggenommen hat."

Seit Anfang 2015 hätten sich die Unternehmensgewinne der im US-Leitindex S&P 500 enthaltenen Aktien verdoppelt, seien also um jährlich sieben Prozent gestiegen, was ziemlich genau dem langfristigen Durchschnitt entspreche. "Dagegen haben sich die Aktienkurse verdreifacht, was einen jährlichen Anstieg von 11,2 Prozent bedeutet", rechnet der Vermögensverwalter vor. Aktien seien also teurer geworden. Rund ein Drittel der Kursgewinne in den vergangenen zehn Jahren sei auf die gestiegene Bewertung zurückzuführen. Nur zwei Drittel seien "ehrlich verdient".
 


Drei Szenarien
Flossbach skizziert drei Szenarien, welches Renditepotenzial in den großen Aktienindizes stecken könnte. Im besten Fall würden die Gewinne der US-Unternehmen in etwa mit ihrem langfristigen Durchschnittstempo von jährlich sieben Prozent wachsen und die Bewertung bleibe auf dem aktuell hohen Niveau. "Das würde auf Sicht von zehn Jahren eine Kursverdopplung der im S&P 500 enthaltenen Aktien bedeuten", so der Fondsmanager. Zuzüglich Dividenden würde das einem Gesamtertrag von circa 8,5 Prozent pro Jahr entsprechen.

Für sein Basisszenario rechnet Flossbach jedoch anders: Er unterstellt zwar ebenfalls einen Anstieg der Unternehmensgewinne von sieben Prozent per annum, erwartet jedoch, dass die Bewertung wieder auf ihren langfristigen Mittelwert fällt. "Das würde einen jährlichen Kursanstieg von knapp vier Prozent bedeuten und zuzüglich Dividenden einen Gesamtertrag von circa 5,5 Prozent pro Jahr", erläutert der Vermögensverwalter. Im "Worst Case" würden das Gewinnwachstum und/oder die Bewertung unter die im Basisszenario unterstellten Werte fallen. Der Gesamtertrag läge dann noch niedriger.

Chancen abseits der Indexschwergewichte
Flossbachs Fazit: "Das langfristige Potenzial der großen Aktienindizes (S&P 500 und MSCI World) ist bescheiden." Die Marktbarometer könnten ihren Status als "Heiliger Gral" der Investmentwelt verlieren. "Das Potenzial von unterbewerteten Titeln, die nicht zu den Indexschwergewichten zählen und deshalb lange verschmäht wurden, erscheint größer", meint der Fondsmanager. (bm)