Goldrally geht weiter: Morgan Stanley hebt Prognose deutlich an
Gold erlebt ein Rekordjahr: Der Preis kletterte erstmals über 4.000 US-Dollar je Unze. Morgan Stanley rechnet sogar mit weiterem Aufwärtspotenzial – auch wenn steigende Kurse Risiken für die Nachfrage mit sich bringen könnten.
Der Goldpreis hat Anfang Oktober erstmals die Marke von 4.000 US-Dollar je Feinunze überschritten. Danach setzte sich die Rally zunächst fort – bis es am 21. Oktober zu einer deutlichen Korrektur kam. An diesem Tag fiel der Preis um bis zu rund sechs Prozent, der größte Tagesverlust seit zwölf Jahren.
Trotzdem zählt Gold 2025 zu den besten Anlageklassen des Jahres: Der Preis ist seit Jahresanfang um rund 50 Prozent gestiegen.
Die Kursentwicklung steht im Zusammenhang mit einer Reihe politischer, geopolitischer und wirtschaftlicher Ereignisse – darunter neue Zölle, der Israel-Hamas-Konflikt, Sorgen um die Unabhängigkeit der US-Notenbank Federal Reserve sowie der US-Regierungsstillstand.
"Wir sehen weiteres Aufwärtspotenzial"
Laut einer aktuellen Einschätzung von Morgan Stanley Research dürfte die Goldrally weitergehen. Das Institut hat seine Prognose für 2026 auf 4.400 Dollar je Unze angehoben – ein deutlicher Anstieg gegenüber der bisherigen Schätzung von 3.313 Dollar.
Die neue Erwartung impliziert ein weiteres Kursplus von rund zehn Prozent vom Stand Anfang Oktober bis Ende kommenden Jahres.
"Anleger betrachten Gold nicht nur als Inflationsschutz, sondern auch als Gradmesser für Notenbankpolitik und geopolitische Risiken", sagt Amy Gower, Rohstoffstrategin bei Morgan Stanley Metals & Mining. "Wir sehen weiteres Aufwärtspotenzial, getrieben durch einen schwächeren US-Dollar, starke ETF-Zuflüsse, anhaltende Käufe der Zentralbanken und eine allgemeine Unsicherheit, die die Nachfrage nach diesem sicheren Hafen stützt."
Zentralbanken und ETFs treiben Nachfrage
Zum ersten Mal seit 1996 machen Goldreserven bei den Zentralbanken einen größeren Anteil an deren Portfolios aus als US-Staatsanleihen – ein starkes Signal für das langfristige Vertrauen in den Wert des Edelmetalls.
Auch börsengehandelte Fonds (ETFs) haben ihre Käufe deutlich ausgeweitet. ETFs mit physischer Golddeckung verzeichneten im dritten Quartal Rekordzuflüsse von 26 Milliarden Dollar, womit die verwalteten Vermögen auf 472 Milliarden Dollar stiegen – ebenfalls ein Höchststand. Auch Privatanleger beteiligen sich zunehmend am Goldboom.
Schwächerer Dollar beflügelt Nachfrage
Viele Investoren rechnen damit, dass der US-Dollar aufgrund einer abkühlenden US-Wirtschaft an Wert verliert. Entsprechend schichten sie ihre sicheren Anlagen um – weg von Dollar-Werten, hin zu Gold. Ein schwächerer Dollar verbilligt Goldkäufe für internationale Anleger, was die Nachfrage zusätzlich stärkt.
Auch die Zinssenkungen der Federal Reserve stützen den Markt, da niedrigere Renditen nicht-verzinsliche Anlagen wie Gold attraktiver machen. "Angesichts all dieser Faktoren steht Gold derzeit ganz oben auf unserer Liste bevorzugter Rohstoffe", so Gower.
Mehrere Risiken bedrohen die Rally
Trotz des positiven Ausblicks sieht Morgan Stanley mögliche Gegenwinde. Sollte der US-Dollar stärker bleiben als erwartet oder die Federal Reserve ihre Zinssätze länger hochhalten, könnte die Rally ins Stocken geraten.
"Ein weiteres Risiko besteht in einer nachlassenden Nachfrage durch hohe Preise", sagt Gower. "Wenn der Goldpreis weiter steigt, müssen Zentralbanken weniger kaufen, um ihre Zielquoten in den Reserven zu erreichen."
Zudem droht ein Rückgang in der Schmucknachfrage, die rund 40 Prozent des Goldkonsums ausmacht. "Die Schmucknachfrage zeigt bereits erste Schwächesignale", warnt Gower. "Im zweiten Quartal war sie so niedrig wie zuletzt im dritten Quartal 2020, da Verbraucher auf hohe Preise reagierten."
Neuer Investitions-Superzyklus im Goldsektor unwahrscheinlich
Der Preisanstieg ist ein Vorteil für Goldproduzenten, deren Minenproduktion seit 2018 jedoch nur um durchschnittlich 0,3 Prozent pro Jahr gewachsen ist. Einige Unternehmen legen neue Machbarkeitsstudien vor, verlängern die Lebensdauer bestehender Minen oder nehmen zuvor unrentable Standorte wieder in Betrieb.
Allerdings könnten Genehmigungsverfahren, Umweltauflagen, Steuerunsicherheiten und Finanzierungsengpässe dazu führen, dass Projekte verzögert oder gestrichen werden. In den USA wurde seit 2002 keine neue Mine eröffnet.
Laut Morgan Stanley Research ist ein neuer Investitions-Superzyklus im Goldsektor daher unwahrscheinlich. "Ertragsstarke Unternehmen werden zwar bestehende Projekte optimieren und damit das Investitionswachstum bis zum Ende des Jahrzehnts stützen", sagt Michael Harleaux, Analyst für europäische Investitionsgüter bei Morgan Stanley Research. "Aber ein großangelegter Neubauzyklus ist angesichts regulatorischer Hürden eher unwahrscheinlich." (mb)















