Jens Ehrhardt: "Europa erlebt eine Trendumkehr"
Die Schwellenländer-Börsen entwickeln sich nach wie vor schwach, berichtet Vermögensverwalter und Fondsmanager Jens Ehrhardt. Europäische Aktien profitieren hingegen seiner Meinung nach von den momentanen Rahmenbedingungen.
Neben Japan scheint Europa inzwischen die beliebteste Region unter Fondsmanagern zu sein. Einer der positivsten Faktoren für die Entwicklung an den europäischen Börsen ist und bleibt die Geldmengenausweitung, sagt Jens Ehrhardt, Vorstandsvorsitzender von DJE Kapital. So sei es in diesem Jahr von Anfang an richtig gewesen, auf europäische Titel zu setzen, auf der anderen Seite sei es auf Dauer auch gefährlich, sich allein auf die Strategie der EZB zur Belebung der Konjunktur zu verlassen.
Insbesondere der schwache Euro ist laut Ehrhardt kein Dauerzustand. Eine Abwertung nütze zwar der Exportindustrie, schädige aber die Binnenwirtschaft. Dies sei bereits in Italien zu Lire-Zeiten zu erkennen gewesen und seit Einführung des Euro auch in Deutschland zu beobachten. "Ob die hauptsächlich für Südeuropa gedachte Abwertungspolitik des Euros – Deutschland bräuchte einen stärkeren Euro – am Schluss nicht als Sünde gegen die Marktwirtschaft zu gefährlichen Konsequenzen führen wird, ist noch offen", schreibt der erfahrene Fondsmanager in einem aktuellen Marktkommentar.
Weltweiter Umsatzrückgang schadet Schwellenländern
Die Nachfrage sei – wie auch in den USA – unterm Strich schwach. Davon betroffen seien insbesondere Schwellenländer; immerhin produzieren sie bei gleichzeitig relativ gering ausgeprägtem Dienstleistungssektor den größten Teil der Güter. "Schaut man sich die Entwicklung der Weltwirtschaft genauer an und berechnet diese in US-Dollar und nicht in Landeswährung, ist der Rückgang ernüchternd. Selbst in den robusten USA schrumpfen die Umsätze – im dritten Quartal bei den 500 S&P-Unternehmen um über drei Prozent! Das ist eine völlig neue Entwicklung."
Negativ aus Sicht der Schwellenländer sei außerdem, dass hier in den vergangenen Jahren Anlagegelder in erheblichem Umfang investiert wurden. Inzwischen habe sich dieser Trend umgekehrt, sagt Ehrhardt. "2015 vermelden viele Schwellenländer-Aktienfonds erneut merkliche Abflüsse. Europa, lange Zeit wachstums- und gewinnschwach sowie mit entsprechend geringen Fondszuflüssen, erlebt gleichzeitig eine Trendumkehr. Und das wiederum dürfte sich fortsetzen, was die Schwellenländer-Aktienkurse drücken und die europäischen Aktienpreise fördern sollte." (dw)