Kenneth Rogoff: "Es droht der Finanzkollaps der USA"
Donald Trump türmt so viele Schulden auf wie kaum ein US-Präsident vor ihm. Zusammen mit der willkürlichen Zollpolitik bugsiere er die weltgrößte Volkswirtschaft damit in eine brisante Lage, warnt Kenneth Rogoff in einem Interview. Zudem beschleunige sich der Abstieg der USA und des Dollar.
Starökonom Kenneth Rogoff warnt deutlich vor den langfristigen Folgen des ausgeweiteten Haushaltsdefizits der USA und der Zollpolitik von Präsident Donald Trump. Dessen Gesetzespaket werde höhere Haushaltsdefizite produzieren als unter seinem Vorgänger Joe Biden. "Unsere Schulden sind unter Trump so hoch wie nie zuvor", sagte Rogoff im Interview mit der Wirtschaftszeitung "Handelsblatt". Angesichts des gestiegenen Zinsniveaus werde der Schuldenaufbau immer mehr zum Problem.
"Jetzt bekommen wir die Rechnung dafür, dass US-Regierungen, egal welcher Couleur, ihr Glück in neuen Schulden suchten", erläutert der Ökonom. In den vergangenen Jahren hätten sich die Zinsausgaben der USA verdoppelt und seien dabei, sich zu verdreifachen. "Es droht der Finanzkollaps oder eine Art Japanisierung der USA", mahnte Rogoff. Tokio habe Banken, Pensionsfonds und Versicherungen gezwungen, hohe Bestände an japanischen Anleihen zu halten. In der Folge sei die Nation wirtschaftlich abgerutscht, der Wohlstand gemindert.
"Trump lebt in einer Traumwelt"
Die mit dem Schuldenstand immer weiter steigenden Zinsausgaben würden den Handlungsspielraum, etwa im Falle von Krisen, zunehmend beeinträchtigen. "Die höheren Zinsen bahnen sich ihren Weg ins System – von den Hypotheken bis zu den Autokrediten, und auch für den Staat wird es immer teurer", so Rogoff. Daher übe Trump auch Druck auf Fed-Chef Jerome Powell aus, die Leitzinsen zu senken. "Aber Trump lebt in einer Traumwelt, wenn er glaubt, Powell könnte die Zinssätze auf ein Prozent festsetzen, ohne die langfristigen Inflationserwartungen zu destabilisieren", führte der Ökonom aus.
Zudem werde die Zollpolitik von Trump die Teuerungsraten in die Höhe schnellen lassen. Bei der Verkündung der Zölle habe der US-Präsident "kompletten Unsinn" erzählt – "völlige Willkür, abenteuerliche Berechnungen". Das habe den Weltmärkten "die unglaubliche Inkompetenz der US-Regierung" offenbart, so Rogoff in dem "Handelsblatt"-Interview. Die Entwicklung am Bondmarkt habe Trump auf einen pragmatischen Kurs gezwungen. "Doch die Willkür wird nicht verschwinden", meint der Ökonom. "Die Märkte werden große Probleme damit haben."
"Das alles zerstört Vertrauen"
Die negativen Auswirkungen der aggressiven Handelspolitik würden erst noch kommen. "Die amerikanischen Unternehmen und Konsumenten werden einen Großteil der Kosten tragen", zeigte sich Rogoff überzeugt. "Die Schuldenlage in den USA ist nicht nachhaltig, dann attackiert Trump auch noch die Unabhängigkeit der Zentralbank. Das alles zerstört Vertrauen", resümiert der Ökonom. "Die USA werden viele Privilegien verlieren, etwa die günstige Refinanzierung als Leitwährungsland." Die Zölle, die Unberechenbarkeit Amerikas, die Sanktionen – all das beschleunige einen schleichenden Abstieg. Der Dollar werde daher in den nächsten zehn Jahren "massiv an Gewicht verlieren", meinte Rogoff zum "Handelsblatt". (ert)














