Loys-Chef Boydak: "Nicht auf einen neuen Exzess hoffen"
Die Geldflut der Notenbanken schürte eine Inflation der Vermögenspreise. Die jüngste Korrektur habe diesen Exzess bereinigt, sagt Loys-Chef Ufuk Boydak. Das heißt aber noch lange nicht, dass alle Aktien nun günstig bewertet sind, warnt der Portfoliomanager im Gespräch mit FONDS professionell ONLINE.
Mit den starken Kurskorrekturen an den Finanzmärkten wurden die Exzesse bereinigt, die sich durch die von den Notenbanken ins Finanzsystem gepumpte Liquidität aufgebaut hatten. Dies sagt Ufuk Boydak, Vorstandsvorsitzender und Portfoliomanager der Investmentgesellschaft Loys, im Gespräch mit FONDS professionell ONLINE. "Die Exzesse sind abgebaut, die Bewertungen haben sich normalisiert", erläutert der Portfoliomanager. Zwar sind Aktien auf breiter Front günstiger geworden. "Doch die Hoffnung auf wieder linear steigende Kurse ist trügerisch", warnt Boydak.
Denn Bereiche wie Technologiewerte seien extrem hoch bewertet gewesen. Zum Teil würden die Unternehmen dort noch gar keine Gewinne einfahren. "Die Korrektur führt noch nicht dazu, dass diese Titel jetzt günstig sind", sagt Boydak. "Nur weil die Kurse von einer Übertreibung auf normale Niveaus gefallen sind, sollten Investoren nicht auf einen neuen Exzess hoffen." Vielmehr hätten sich die Kurse auf ein neues Gleichgewicht austariert. Dies sei insbesondere für Privatanleger schmerzlich, die erst in den vergangenen Jahren aufgrund der Niedrig- und Negativzinspolitik an den Aktienmarkt gedrängt wurden und empfindliche Verluste erlitten.
Häfen lassen sich nicht durch Zinsen öffnen
Angesichts steigender Zinsen und hoher Inflation sieht Boydak eine Zeitenwende eingeläutet. "Die vergangene Dekade war von den Notenbanken geprägt, die ihre Bilanzsumme aufblähten und einen Liquiditätssturm lostraten", erläutert der Loys-Vorstandschef. Mit den Niedrigzinsen entfachten die Währungshüter eine Inflation der Vermögenspreise. "Das war an den Preisen für Aktien, Immobilien, aber auch Uhren oder Weinbergen abzulesen", so Boydak. Mit der hohen Stimulation, die in der Corona-Pandemie noch durch fiskalische Maßnahmen ergänzt wurde, entledigten sich die Notenbanken letztendlich selbst aller Werkzeuge.
Mit Abebben der Pandemie kam es dann zu einem Nachfrageschock. Dem stand gegenüber, dass die Unternehmen die Produktion gedrosselt hatten. Obendrein kam der Ukraine-Krieg hinzu – und China hält an Lockdowns fest, was die Lieferketten weiterhin strapaziert. "Nun ist die Inflation da", stellt Boydak fest. Mitten in einen Bärenmarkt und eine drohende Rezession hinein müssen die Zentralbanken die Zinsen anheben. "Denn die hohe Liquidität ist nicht mehr gerechtfertigt", erläutert der Investmentprofi das Dilemma. Zugleich stößt die Wirkungsmacht der Währungshüter an Grenzen. "Die Häfen lassen sich nicht durch Zinsen öffnen", formuliert es der Fondsmanager.
Jubelstimmung vorbei
Das führte zu der Preiskorrektur. "Die Jubelstimmung bei Aktien ist vorbei", konstatiert Boydak. "Am Aktienmarkt ist es ungemütlicher geworden." Ein simples Mitlaufen mit dem Markt in der Hoffnung auf Kursgewinne funktioniere nicht mehr. Doch dies sieht der Aktienexperte als Chance. "Die Schwankungen haben stark zugenommen." Gute Unternehmen würden bei schlechteren Nachrichten unverhältnismäßig stark abgestraft. "Der Markt ist sehr ineffizient", betont Boydak. "Das ist jetzt ein Stock-Picker-Markt."
Boydak und sein Team versuchen daher, über die vermeintlich trüben Aussichten für einzelne Unternehmen hinaus in die Zukunft zu schauen und die Firmen herauszufiltern, die mit stabilen Geschäftsmodellen und soliden Cash-Flows auch in einer Rezession oder Stagflation langfristig Erfolg versprechen. Trübe Aussichten bescheinigt Boydak dagegen Neuemissionen. "Die deutschen Börsengänge der vergangenen Jahre endeten in einer Katastrophe", so der Aktienkenner. Hohe Verluste hätten sich aufgetürmt. "Der deutsche IPO-Markt dürfte auf Jahre geschlossen sein." (ert)