Die Börsen haben weltweit mit deutlichen Verlusten auf die Rede von US-Notenbankpräsident Jerome Powell vom Freitagnachmittag (26.8.) reagiert. Euro Stoxx 50 und Dax lagen am Montagvormittag mehr als ein Prozent im Minus, nachdem sie sich bereits mit tiefroten Zahlen ins Wochenende verabschiedet hatten. Der japanische Nikkei verlor am Montag 2,7 Prozent.

An der Wall Street hatte der S&P 500 am Freitag wegen der Aussicht auf weiter steigende Zinsen 3,4 Prozent eingebüßt. Der Technologieindex Nasdaq 100 sackte sogar um rund vier Prozent ab – und verbuchte damit das größte Tagesminus seit mehr als neun Jahren. Powell hatte die Marktteilnehmer am Freitag auf dem Zentralbank-Symposium in Jackson Hole auf einen zähen Kampf gegen die Inflation eingestimmt. Eine restriktive Geldpolitik sei für "einige Zeit" nötig, um die Preise zu stabilisieren, so der Fed-Chef.

"Das Rezessionsgespenst hat die Börsen erneut fest im Griff"
"Die US-Notenbank Federal Reserve ist unzufrieden mit dem bisherigen Inflationsrückgang und will noch stärker gegensteuern, was die Angst vor einer dadurch ausgelösten Rezession nährt", erläutert Jochen Stanzl, Chefanalyst bei CMC Markets, in einem am Montagmorgen veröffentlichten Marktkommentar.

Powell habe den Investoren alle Hoffnung genommen, dass er in Sachen Zinswende zugunsten des Wachstums möglicherweise zeitnah eine Pause einlegen wird. "Nach einem eher ruhigen und alles in allem positiven Sommer könnte es jetzt erneut sehr ungemütlich an der Börse werden", mahnt Stanzl. "Das Rezessionsgespenst hat die Börsen erneut fest im Griff."

"Rückkehr aller Gefahren"
"Die Priorität der Fed ist klar: Die Inflation soll auf zwei Prozent zurückgeführt werden, selbst wenn dies zu einer Verlangsamung der Wirtschaft führt", sagte Morgane Delledonne, Investmentchefin für Europa beim ETF-Anbieter Global X.

Nicolas Forest, Anleihechef bei Candriam, spricht in einem Marktkommentar von der "Rückkehr aller Gefahren". Er zieht aus Powells Rede drei Schlussfolgerungen: Erstens hätten die Zentralbanken den Kampf gegen die Inflation noch nicht beendet, weshalb Candriam eine kurze Duration beibehalte. Zweitens dürften die nächsten Zinserhöhungen die Credit Spreads, also die Risikoaufschläge für bonitätsschwächere Anleihen, belasten. "Hier sind wir defensiv aufgestellt", betont Forest. Drittens steige das Risiko einer "Fragmentierung" der Europäischen Union. Deshalb würde Candriam italienische Staatsanleihen untergewichten. (bm)