Nagel: Trumps Zollpläne könnten Deutschland ein Prozent des BIP kosten
Nach dem Wahlsieg Donald Trumps warnt Bundesbankpräsident Joachim Nagel davor, dass die vom designierten US-Präsidenten angedrohten Handelszölle die deutsche Wirtschaft aus der Bahn werfen könnten.
"Sollten die Zollpläne umgesetzt werden, könnte uns das in Deutschland durchaus ein Prozent der Wirtschaftsleistung kosten", sagte Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, in einem am Mittwoch (13.11.) veröffentlichten Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit". Das sei schmerzhaft, zumal die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr überhaupt nicht wachse und im kommenden Jahr wohl nur unter ein Prozent zulegen werde. "Kämen die neuen Zölle tatsächlich, könnten wir sogar in den negativen Bereich rutschen", so Nagel.
Die US-Wahlen in der vergangenen Woche haben die Aussichten für die Wirtschaft des Euroraums getrübt, da die Rückkehr Trumps ins Weiße Haus auch eine protektionistische Wende unter dem neuen Präsidenten bedeuten könnte.
Vor der Wahl am 5. November versprach Trump Zölle in Höhe von 60 Prozent auf Importe aus China und bis zu 20 Prozent auf Waren aus anderen Ländern. Dies wäre der größte Handelsschock seit dem Smoot-Hawley Act, der die Große Depression der 1930er Jahre verschärfte.
US-Zölle "mittel- bis langfristig" spürbar
Auch der Gouverneur der Banque de France, Francois Villeroy de Galhau, hält Trumps Wahlsieg für eine Bedrohung des Wachstums. Am Mittwoch (13.11.) sagte er gegenüber dem Radiosender "France Inter", dass das Ergebnis der amerikanischen Wahlen "Risiken für die Wirtschaft" berge. Sein finnischer Amtskollege Olli Rehn merkte Anfang dieser Woche im Interview mit "Bloomberg TV" an, dass die Auswirkungen der US-Zölle "mittel- bis langfristig" spürbar sein würden.
Die deutsche Wirtschaft wird 2024 angesichts der schwachen globalen Nachfrage, einer Flaute im Verarbeitenden Gewerbe und der Folgen der Energiekrise voraussichtlich ein zweites Jahre in Folge schrumpfen.
Das Scheitern der Bundesregierung und die für den 23. Februar angesetzten vorgezogenen Neuwahlen haben für zusätzliche Unsicherheit gesorgt. Zur Berliner Politik wollte sich Nagel zwar nicht äußern, sagte aber, dass er "großen Handlungsbedarf" sehe und die Politik schnellstmöglich aktiv werden sollte.
"Gieriges Biest wieder unter Kontrolle"
Das derzeitige Zinsniveau der Europäischen Zentralbank hält Nagel für angemessen. "Wir übertreiben nicht. Es gibt noch immer einen merklichen Preisdruck, der vor allem lohnbedingt aus dem Dienstleistungssektor kommt. Dieser Preisdruck wird durch den Rückgang der Energiepreise überdeckt", sagte Nagel.
Die Inflation sei ein "gieriges Biest", das man mittlerweile aber "wieder unter Kontrolle" habe. "Als Zentralbanker ist man nie fertig mit seiner Arbeit", so das EZB-Ratsmitglied. "Der Trick besteht darin, dafür zu sorgen, dass die Inflationsrate langfristig bei zwei Prozent bleibt." (mb/Bloomberg)