Peter E. Huber: "Eine Form modernen Raubrittertums"
Nur ein paar Wochen ist es her, da trommelte Börsenaltmeister Peter E. Huber in seinem Monatsbrief für die Aktien europäischer Banken. Auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE verrät er, was er nach dem jüngsten Bankenbeben von den Titeln hält – und was vom Management der Credit Suisse.
Trotz der jüngst eskalierenden Bankenkrise hält Peter E. Huber an seiner Einschätzung fest, dass ausgewählte Aktien aus diesem Sektor ein "langfristiges Turn-around-Potenzial" bergen. "Allerdings ist das Risiko gestiegen", räumt der Partner des Bad Homburger Vermögensverwalters Taunus Trust auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE ein. "Denn die Psychologie der Anleger und Bankkunden, verbunden mit der reißerischen medialen Begleitung der aktuellen Krise, kann jederzeit ihr nächstes Opfer produzieren."
Huber hatte in seinem jüngsten Monatsbrief unter dem Titel "Totgesagte leben länger" auf das Aufholpotenzial europäischer Bankaktien hingewiesen. Kurz darauf gerieten allerdings mehrere US-Regionalbanken in Schieflage. Die Krise schwappte in Windeseile über den Atlantik, am Wochenende musste die Credit Suisse per Notverkauf an die UBS gerettet werden – unterstützt durch einen milliardenschweren Rettungsschirm der Schweizer Notenbank und der Regierung.
Günstige Bewertung, verbesserte Ertragslage
In seinem Monatsbrief hatte Huber unter anderem auf den Euro-Stoxx-Bankenindex verwiesen, der seit dem Jahr 2007 von fast 500 auf 150 Punkte gefallen sei, während sich die US-Banken prächtig entwickelt hätten. Die Aktien europäischer Banken seien mit Blick auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis, das Kurs-Buchwert-Verhältnis und die Dividendenrendite "im historischen Vergleich extrem niedrig" bewertet, argumentierte Huber.
Nicht nur das: "Durch die Zinswende hat sich die Ertragslage deutlich verbessert. Nach der jahrelangen Negativzinspolitik steigt die Zinsmarge wieder", so der Fondsmanager. "Auch auf der Kostenseite gibt es signifikante Fortschritte", ergänzte er und verwies unter anderem auf Personalabbau, Filialschließungen und Digitalisierung.
"Jahrelanges Missmanagement"
Von Huber völlig unerwartet, rutschte dann die kalifornische Silicon Valley Bank in die Pleite, was Schockwellen im weltweiten Finanzsystem auslöste. "Interessanterweise ist das Institut nicht über faule Kredite oder zweifelhafte Anlagen gestolpert, sondern über Investitionen in langlaufende erstklassige US-Treasury-Bonds", wundert sich Huber. "Deren Kurse haben sich durch die überhastete Zinswende temporär deutlich zurückgebildet, auch wenn sie am Ende der Laufzeit mit Sicherheit zum Nennwert zurückbezahlt werden. Aufgrund massenhafter Kapitalabflüsse durch Kunden mussten diese Verluste realisiert werden."
Zur Schieflage der Credit Suisse meint Huber: "Durch jahrelanges Missmanagement hat sich hier eine Form modernen Raubrittertums eingenistet." Einerseits seien seit 2013 mehr als drei Milliarden Schweizer Franken Verlust angefallen, andererseits seien wohl 32 Milliarden Franken an Boni ausgezahlt worden. "Damit ist erneut eine systemrelevante Bank gescheitert", so Huber.
Gewinne mitgenommen
Aus dem jüngsten Bankenbeben hätten sich einige ungeklärte Fragen ergeben, etwa die nach der Höhe der nicht realisierten Verluste europäischer Banken mit Staatsanleihen und nach den Risiken, die im "gigantischen Derivatevolumen" schlummerten. Offen sei auch, was nach dem Credit-Suisse-Deal aus dem Markt für nachrangige Pflichtwandelanleihen werde.
Auch wenn das Risiko nun gestiegen sei, bleibe das langfristige Turn-around-Potenzial europäischer Bankaktien erhalten, so Huber. "Per Saldo liegen wir mit den von uns aufgebauten Positionen noch im Plus", betont er. Vorsichtshalber habe er nun aber einige Gewinne mitgenommen, etwa bei Banco Santander und Unicredit. (bm/jh)