Portfoliomanager: EM-Währungen statt Dollar, lautet die Devise
Der Abstieg des Dollar hat nach Überzeugung des RBC-Bluebay-AM-Experten Gautam Kalani begonnen. Neben Euro, Yen und Franken sieht er insbesondere auch die Währungen der Schwellenländer als Profiteure der Dollar-Schwäche.
Investoren außerhalb der Vereinigten Staaten halten heute US-Anlagen in Höhe von 26 Billionen US-Dollar, davon allein 18 Billionen Dollar in US-Aktien. Von den Aktienbeständen dürften nach Schätzung von Gautam Kalani, Portfoliomanager bei RBC Bluebay Asset Management, nur rund 30 Prozent gegen Währungsverluste abgesichert sein. Das zeige die Verwundbarkeit gegenüber Bewegungen des Dollar.
Dollar-Risiko im Portfolio
Dass ausländische Anleger eine so niedrige Absicherungsquote haben, hat seiner Meinung nach gute Gründe. Long-Positionen im Dollar zu halten, diente in den vergangenen Jahren wegen dessen Rolle als sicherer Hafen als "automatischer Stabilisator" für globale Portfolios. Ähnlich wie die Kurse hochwertiger Anleihen steige traditionell auch der Dollar bei größeren Marktturbulenzen.
Doch dieser "Long-USA-Trade" könnte nach Kalanis Meinung zu einem Ende gekommen sein. "Ausländische Investoren hinterfragen die Notwendigkeit, stark in US-Assets investiert zu sein, angesichts der politischen Unsicherheiten die von der neuen US-Administration ausgehen", so der Devisenstratege. Die Folge: Die Absicherungsquoten werden wahrscheinlich erhöht, zumal der Dollar Anfang April ebenso nachgab wie US-Aktien – die Kursverluste wurden damit aus Sicht von Euro-Investoren noch verstärkt. "Die Anleger hinterfragen aktiv die Angemessenheit ihrer US-Dollar-Positionierung", sagt Kalani.
Laufende Reallokation
Der hohe Anteil ausländischer Investoren an US-Vermögenswerten bedeutet, dass selbst kleine Veränderungen in der Allokation oder im Absicherungsverhältnis erhebliche Auswirkungen auf Kapitalströme und Wechselkurse haben können. Dies schaffe ein Umfeld, in dem der Dollar in den kommenden Jahren wahrscheinlich an Wert verlieren dürfte.
"Die laufende Reallokation ist ein mittelfristiger Prozess, der jetzt wohl nicht mehr rückgängig zu machen ist", so der Experte: "Selbst wenn das Trump-Team einige der aggressivsten Elemente der Handelspolitik zurücknimmt, ist genug Unsicherheit entstanden, um einen großen Anteil an US-Aktiva in Frage zu stellen."
Aufstieg der Schwellenländer-Märkte
Im vergangenen Monat haben laut Kalani Safe-Haven-Währungen wie Euro, Yen und Schweizer Franken stark abgeschnitten, da sie sowohl vom Wachstumsschock als auch von der verstärkten Kapitalrückführung profitierten. Die nächste Phase der Dollar-Schwäche dürfte seiner Meinung nach wahrscheinlich zusätzlich von einer Stärke der Schwellenländer-Währungen begleitet werden.
"Normalerweise neigen die Währungen der Schwellenländer bei einem größeren globalen Wachstumsschock zunächst zu einem deutlichen Abverkauf, da der Dollar im Zuge eines solchen Risikoabbaus auf breiter Front anzieht", erläutert Kalani. Diesmal seien die Schwellenländer-Währungen aber nicht so stark geschwächt, weil der Risikoabbau von einem Rückgang des Dollar begleitet wird, sodass sich die Zentralbanken auf den Wachstumsaspekt konzentrieren können.
Potenzial für attraktive Renditen
Zwar handle es sich bei Lokalwährungen aus Schwellenländern um eine volatile Anlageklasse, doch er sieht aktuell hohes Potenzial für attraktive Renditen. "Wir erwarten in den kommenden drei bis fünf Jahren zweistellige jährliche Renditen für Schwellenländer-Anleihen in lokaler Währung", so Kalani. Ob die Renditen dann aber nur auf Dollar-Basis oder auch in Euro so hoch ausfallen, ist eine andere Sache. (jh)