Die Vereinigten Staaten befinden sich im Jahr 2025 an einem historischen Wendepunkt. Zum ersten Mal seit Ende des Zweiten Weltkriegs basiert ihr wirtschaftlicher Einfluss nicht mehr primär auf Konsum und globaler Liquidität, sondern auf gezielten Investitionen in Technologie, Infrastruktur und Energieeffizienz. Diese Meinung vertritt Benjamin Bente, Geschäftsführer und Portfoliomanager bei Vates Invest.

Wandel unter der Oberfläche
"Der Umbau vollzieht sich im Verborgenen", so Bente. Während Schlagzeilen über politische Polarisierung, steigende Schulden und eine "psychologische Rezession" dominieren, verschiebe sich die wirtschaftliche Realität leise, aber fundamental. In der ersten Hälfte des Jahres 2025 trugen Investitionen in KI-Infrastruktur, also Rechenzentren, Cloud-Systeme, Halbleiter, laut Bente über einen Prozentpunkt zum realen BIP-Wachstum bei und übertrafen damit erstmals den Beitrag des privaten Konsums. "Das ist kein zyklisches Phänomen, sondern ein systemischer Bruch", sagt der Portfoliomanager. Die USA würden nicht mehr in den Konsum ihrer Gegenwart investieren, sondern in die Produktivität ihrer Zukunft.

Diese Verschiebung erklärt seiner Meinung nach auch, warum die makroökonomischen Signale widersprüchlich wirken. Der Arbeitsmarkt zeige weniger Dynamik, die Konsumentenstimmung bleibe gedämpft, doch die Unternehmensgewinne seien auf Rekordniveau. Die wahre Transformation finde unter der Oberfläche statt: Unternehmen investieren selektiver, die Kapitalrenditen steigen, die Lohninflation flacht ab, und der Produktivitätszuwachs beschleunigt sich.

Technik treibt Wachstum
Bente sagt: "Das Wachstum speist sich nicht mehr aus der Breite des Konsums, sondern aus der Tiefe technologischer Innovation." Seine Hoffnung: "Die Investoren, die heute in Qualität, Cashflow und technologische Infrastruktur investieren, handeln nicht euphorisch, sondern rational." 2026 könnte laut Bente in diesem Sinne das Jahr der Bewährung werden: "Die amerikanische Wirtschaft steht dann vor der Aufgabe, die Produktivitätsgewinne der KI-Investitionen in reale Wertschöpfung zu übersetzen."

Gelingt das, beginnt seiner Meinung nach ein Zyklus, der sich über Jahre tragen kann, ein Zyklus, in dem Kapitaldisziplin, Effizienz und technologische Tiefe das neue Wachstumsmodell bestimmen. Scheitert dieser Übergang, droht keine Krise, sondern Stagnation. Doch bisher deutet wenig darauf hin, dass die USA diesen Kurs verlassen. (jh)