Privatbank: Die Börse hängt stärker an Big Tech als je zuvor
US-Technologiewerte konnten zuletzt erhebliche Kurssteigerungen verzeichnen. Wenige Tech-Giganten vereinen inzwischen rund 40 Prozent der Marktkapitalisierung des S&P 500 auf sich. Das birgt Risiken, warnt Christoph Mertens von der Fürst Fugger Privatbank.
Als nach dem "Liberation Day" am 2. April dieses Jahres die Kurse von US-Technologiewerten einbrachen, fragten sich besorgte Beobachter, ob dies das Ende der Ära der Wachstumstitel einläuten würde. Zu Unrecht: Technologieaktien konnten seitdem starke Kurssteigerungen verzeichnen, in einzelnen Bereichen wie KI-Infrastruktur und Cloud-Software sogar teils deutlich über 50 Prozent. Diese Kursrally der großen US-Technologiekonzerne hat maßgeblich dazu beigetragen, die amerikanischen Leitindizes auf neue Rekordmarken zu heben.
Für Christoph Mertens, Leiter der Niederlassung Köln der Fürst Fugger Privatbank, ist damit jedoch auch ein anderes Phänomen aktueller denn je. "Die wenigen Tech-Giganten vereinen inzwischen rund 40 Prozent der Marktkapitalisierung des S&P 500 auf sich", schreibt er in einem Marktkommentar. Die gesamte Börsenentwicklung hänge damit nun stärker als je zuvor von diesen Konzernen ab. Und das wird sich nach Mertens' Ansicht auch nicht so schnell ändern.
Anleger sehen Rücksetzer als Einstiegschancen
Zwischenzeitliche Korrekturen bei den Tech-Werten würden von Investoren vielfach nicht als Gefahr gesehen, sondern als Einstiegschance. Beispielsweise habe ein 300-Milliarden-Deal mit dem ChatGPT-Konzern OpenAI die Aktie des Cloud-Anbieters Oracle auf einen Schlag um 40 Prozent nach oben getrieben. Es würden üppige Renditen locken, die Investoren nicht verpassen wollten.
Mertens schränkt jedoch ein: "Die Kursentwicklung und die schiere Dimension von Deals wie OpenAI und Oracle geben noch keine Antwort auf die Frage, ob aus solchen Summen jemals ein tragfähiges Geschäftsmodell entsteht." Neben Cloud-Betreibern wie Oracle profitierten auch Halbleiterhersteller vom KI-Boom, wodurch die Wertschöpfungskette im Tech-Sektor immer enger verflochten werde.
Schlüsselrolle für OpenAI
Gerade OpenAI nehme dabei eine Schlüsselrolle ein: Mit Hunderten Millionen Nutzern, enormem Hardwarebedarf und der Basis für zahllose Anwendungen wirke das Unternehmen als Knotenpunkt. Diese starke Abhängigkeit von einem einzelnen privaten Unternehmen stelle ein potenzielles Risiko dar, da dessen finanzielle Stabilität direkten Einfluss auf die gesamte Branche nehmen könnte.
"Die Profitabilität bleibt die Achillesferse der Tech-Konzerne", befindet Mertens. "Sie investieren zwar massiv, es gelingt ihnen jedoch noch nicht, die hohen Infrastruktur- und Energiekosten durch entsprechende Umsätze auszugleichen", so der Experte.
Ertragsmodelle noch nicht ausgereift
Zusammenfassend lasse sich sagen, dass Anwendungen rund um künstliche Intelligenz das zentrale Narrativ für Technologieunternehmen bleiben, auch wenn die Ertragsmodelle noch nicht ausgereift seien. Die Dominanz einiger weniger enorm energieintensiver sogenannter "Hyperscaler" und KI-Plattformen erhöhe die Systemrelevanz des Sektors – und gleichzeitig auch das systemimmanente Risiko. Eine Schwäche einzelner Player könnte sich auf den Gesamtmarkt übertragen. (am)














