Die strukturelle Schwäche des US-Dollar wird immer offensichtlicher – und sie bleibt nicht folgenlos. Immer mehr Notenbanken weltweit kehren dem Dollar den Rücken und schichten ihre Währungsreserven um. Und das nicht nur in andere Währungen, sondern vor allem in Gold, das eine beispiellose Nachfrage erlebt. "Eine Spirale hat sich in Gang gesetzt, die die Rolle des US-Dollar als globale Leitwährung beendet und den Goldpreis deutlich anschieben wird", schreibt Mathias Beil, Leiter Private Banking bei der Hamburger Sutor Bank, in einem Marktkommentar.

Gold wird Beil zufolge zunehmend als strategische Reserve und nicht als spekulatives Investment betrachtet. Die Notenbanken kaufen massiv zu – ein klares Misstrauensvotum gegen das Dollar-System. Entsprechend steigen die Preise. Und dies wird umso schneller geschehen, je schwächer die USA werden und je mehr die Notenbanken Gold kaufen. "Ein Kurs von über 6.500 Dollar je Unze erscheint in Reichweite", meint Beil.

Goldpreis weiter in US-Dollar?
Der Experte stellt allerdings die Frage, ob der Goldpreis überhaupt noch in US-Dollar angegeben werden sollte. "Wenn die Leitwährung selbst schwächelt, verliert sie als Referenzmaßstab an Aussagekraft. Ein alternativer Währungskorb oder eine multipolare Bezugsgröße könnte langfristig sinnvoller sein. Oder es wird wieder eine Rückkehr zu goldgedeckten Währungen geben, sodass Gold der weltweite Wertmaßstab wird."

Parallel dazu setzt sich der Abwärtstrend des US-Dollar fort. Zwar liegen laut Beil immer noch etwa 66 Prozent der weltweiten Devisenreserven in Dollar. Doch vor 25 Jahren waren es noch mehr als 73 Prozent. "Der Rückgang ist Ausdruck schwindenden Vertrauens in den Dollar. Länder wie China haben ihre US-Dollar-Reserven bereits deutlich reduziert und verstärkt Gold gekauft – nicht aus Spekulation, sondern zur Absicherung gegen geopolitische und währungsbezogene Risiken. Und auch aus dem politischen Interesse, die USA zu schwächen", erklärt der Experte.

Zinsdifferenz zugunsten USA: Auch kein Schub für US-Dollar
Der Abwärtstrend des Dollar setze sich deshalb fort: Seit Jahresbeginn hat er mehr als zehn Prozent an Wert verloren. Besonders bemerkenswert sei, dass selbst eine bestehende Zinsdifferenz zugunsten der USA nicht mehr für Stabilität sorgt. Nach der jüngsten EZB-Zinsentscheidung stieg der Euro deutlich. 

Für die Vereinigten Staaten hat der schwache Dollar zwei Seiten, wie Beil erläutert: "Einerseits profitieren US-Exporteure durch bessere Wettbewerbsfähigkeit. Andererseits verteuern sich Importe, was in einem Land mit so hohem Handelsbilanzdefizit die Inflation weiter anheizen wird. Gleichzeitig nimmt die Staatsverschuldung zu – und die Finanzierung wird schwieriger, wenn Investoren sich abwenden." (fp)