Mögliche US-Zölle dürften die Inflationsaussichten in Europa nicht wesentlich verändern, sagte der französische Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau am Donnerstag (21.11.) auf einer Konferenz in Tokio. In Bezug auf Preissteigerungen und Wirtschaftswachstum tendierten die Risiken bereits "nach unten". "Auf der Grundlage dieser Einschätzung hat unser EZB-Rat am 17. Oktober beschlossen, den Einlagensatz um 25 Basispunkte auf 3,25 Prozent zu senken – dies war die dritte Zinssenkung und wird nicht die letzte sein", so Villeroy.

Trumps Rückkehr ins Weiße Haus hat bei der Europäischen Zentralbank die Debatte darüber angeheizt, wie sich eine stärker fragmentierte Weltwirtschaft auf die Wiederherstellung der Preisstabilität auswirken könnte. Bundesbankpräsident Joachim Nagel schließt mit Blick auf das Zwei-Prozent-Inflationsziel neue Herausforderungen in Form einer höheren oder volatileren Teuerung nicht aus.

Was der Konsens unter den Währungshütern ist, wird sich bei der letzten geldpolitischen Entscheidung der Europäischen Zentralbank in diesem Jahr am 12. Dezember zeigen. Volkswirte erwarten weithin eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte. Ungewissheit besteht indessen über das Ausmaß künftiger Maßnahmen.

"Behalten uns volle Entscheidungsfreiheit vor"
Villeroy bekräftigte in Tokio, dass sich die EZB bei der Lockerung nicht auf ein bestimmtes Tempo festlegen sollte. "Mit Blick auf die Zukunft ist der Weg meiner Meinung nach klar – wir sollten den Grad der geldpolitischen Restriktion weiter verringern", sagte er. "Aber das Tempo muss von einem agilen Pragmatismus bestimmt werden: Wir behalten uns die volle Entscheidungsfreiheit für unsere kommenden Sitzungen vor."

Die starken Euroraum-Lohndaten vom Mittwoch entsprächen den Erwartungen der EZB. "Ich möchte betonen, dass der jüngste Anstieg der ausgehandelten Löhne im dritten Quartal ein eher rückwärtsgewandter Indikator ist, der hauptsächlich auf die verzögerten Auswirkungen vergangener Verhandlungen in Deutschland zurückzuführen ist", führte Villeroy aus. "Er wurde bereits in unseren Projektionen vom September berücksichtigt." (mb/Bloomberg)