Risikoaufschläge französischer Anleihen auf Zwölfjahreshoch
Der Pariser Leitindex hat seit Jahresbeginn deutlich an Wert verloren, während europäische Aktien im Plus notieren. Doch das, was sich an der Börse tut, ist wohl nur eine Reaktion auf ein potenziell deutlich größeres Problem: Immer mehr Investoren meiden französische Staatsanleihen.
Die Risikoaufschläge für französische Anleihen sind auf den höchsten Stand seit der europäischen Staatsschuldenkrise gestiegen. Grund dafür ist die zunehmende Sorge, dass die Regierung ein mögliches Misstrauensvotum im nächsten Monat nur schwer überstehen wird.
Der Renditeabstand zwischen zehnjährigen französischen Staatsanleihen und deutschen Bundesanleihen weitete sich am Mittwoch (27.11.) um bis zu vier Basispunkte auf 90 Basispunkte aus – das höchste Niveau seit 2012 –, bevor er sich wieder auf 86 Basispunkte reduzierte. "Der Markt sieht die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Misstrauensvotums als echte Bedrohung an", sagte Natixis-Zinsstratege Benoit Gerard.
Premierminister Barnier warnt vor einem "Sturm" auf den Finanzmärkten
Jean-Philippe Tanguy, Finanzexperte des Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen, sagte am Mittwoch, die RN-Abgeordneten hätten noch nicht entschieden, ob sie die französische Regierung mit einem Misstrauensvotum über den Haushalt zu Fall bringen würden. Investoren sind besorgt, dass Premierminister Michel Barnier Schwierigkeiten haben könnte, seine Haushaltsvorschläge für das nächste Jahr durchzubringen. Damit wären die Pläne für Ausgabenkürzungen, Steuererhöhungen und die Eindämmung des ausufernden Haushaltsdefizits gefährdet.
Barnier hatte jüngst vor einem "Sturm" auf den Finanzmärkten gewarnt, sollten die Abgeordneten die Haushaltsvorschläge seiner Regierung ablehnen und sie abwählen. Tanguy forderte wiederholt einen besseren Schutz der Kaufkraft der Haushalte. Seine Partei spielt eine entscheidende Rolle im Parlament, nachdem sie bei den vorgezogenen Wahlen im vergangenen Sommer die meisten Sitze gewonnen hatte.
Am Freitag aktualisiert S&P das Rating Frankreichs
Französische Anleihen entwickeln sich seit Anfang vergangener Woche signifikant schlechter als deutsche Bundesanleihen. Anlagestrategen der Citigroup warnen, der Risikoaufschlag (Spread) könnte schnell 100 Basispunkte erreichen. Zusätzlich zu diesen Entwicklungen zeigten am Mittwoch veröffentlichte Daten, dass das Verbrauchervertrauen in Frankreich im November unerwartet gesunken ist, was auf die anhaltenden wirtschaftlichen Probleme des Landes hinweist. Die Märkte sind außerdem nervös, weil die Ratingagentur S&P Global am Freitag ihr Urteil mit Blick auf die Kreditwürdigkeit Frankreichs aktualisieren wird. Das Interesse an französischen Staatsanleihen sei angesichts der politischen Turbulenzen "sehr gering", sagte Evelyne Gomez-Liechti, Anlagestrategin bei Mizuho International. (Bloomberg/fp)