Die internationale Zentralbank-Elite versammelt sich in dieser Woche zur jährlichen Konferenz der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) in Jackson Hole, Wyoming. Neben Fachdebatten steht vor allem eines im Fokus: Die Verteidigung von Fed-Chef Jerome Powell, der wegen seiner Zinspolitik massiv unter Druck von US-Präsident Donald Trump geraten ist. Mit Spannung wird daher seine Rede am Freitag (22.8.) erwartet.

Trump hat nicht nur wiederholt Zinssenkungen gefordert, sondern angekündigt, Powell nach Ablauf seiner Amtszeit im kommenden Jahr durch einen genehmeren Kandidaten zu ersetzen. Das sorgt weltweit für Unruhe – und weckt die Sorge, dass die Unabhängigkeit der Notenbanken untergraben werden könnte.

"Unabhängigkeit ist Teil der DNA von Zentralbanken"
Zu den Gästen in Jackson Hole zählen die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, und Andrew Bailey, Gouverneur der Bank of England. Sie dürften Powell demonstrativ den Rücken stärken und vor den Risiken politischer Einflussnahme warnen.

"Unabhängigkeit ist Teil der DNA von Zentralbanken", sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel gegenüber "Bloomberg News". "Es wäre mehr als wünschenswert, wenn dies überall anerkannt würde."

Gemeinsames Signal an die USA
Das Symposium vom 21. bis 23. August ist für viele Währungshüter ein erneuter Anlass, die Notwendigkeit unabhängiger Geldpolitik zu betonen. Schon auf früheren Konferenzen wie in Sintra oder bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hatte die Zentralbanker-Gemeinschaft ihre Unterstützung für die Fed signalisiert. "Jetzt haben sie die Gelegenheit, dies auch vor einem US-Publikum zu tun", erklärt Adam Posen, Präsident des Peterson Institute for International Economics.

Die Attacken des US-Präsidenten bleiben nicht ohne Folgen. Zusammen mit seiner Zollpolitik und Sorgen über die Staatsfinanzen löste Trumps Dauerfeuer auf Powell einen "Sell America-Trend" aus. Der US-Dollar verlor in den ersten sechs Monaten des Jahres über zehn Prozent – die schwächste Halbjahresperformance seit 1973. Während Schwellenländer davon profitierten, indem ihre Währungen und Anleihen zulegten, sehen Experten langfristig Gefahren: Das Vertrauen in die Fed und die Stabilität der US-Geldpolitik könnte erodieren.

Internationale Beispiele als Mahnung
Dass politische Einflussnahme gefährlich sein kann, zeigen Beispiele aus der Türkei, aus Brasilien oder Kolumbien. Eine EZB-Studie belegt, dass zwischen 2018 und 2020 die faktische Unabhängigkeit von fast der Hälfte der Zentralbanken in Volkswirtschaften, die 75 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts ausmachen, abgenommen hat. "Im Laufe der Geschichte gab es immer wieder Fälle, in denen eine falsche Geldpolitik verheerende Auswirkungen hatte", warnt Agustín Carstens, scheidender Generaldirektor der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich.

Trotz Trumps Drohungen ist Powell rechtlich geschützt: Der Oberste Gerichtshof verhindert eine willkürliche Absetzung. Dennoch kann Trump die Fed langfristig prägen, indem er freiwerdende Posten besetzt. Jüngst nominierte er Stephen Miran als Interims-Gouverneur.

"Standard eines mutigen Zentralbankers"
Powell aber bleibt standhaft. Hinter verschlossenen Türen verteidigt er die Unabhängigkeit vehement – und erntete dafür Applaus von Kollegen weltweit. "Er macht einen sehr guten Job. Die Unabhängigkeit der Zentralbank zu wahren, ist sehr wichtig", lobte Sanjay Malhotra, Gouverneur der Reserve Bank of India. Auch Lagarde stellte klar, Powell verkörpere "den Standard eines mutigen Zentralbankers". In Sintra erhielt er dafür stehenden Applaus.

Wie ein Kirchgang
In Jackson Hole dürfte Powell eine ähnlich demonstrative Unterstützung erfahren. Zwar lautet das offizielle Konferenzthema "Arbeitsmärkte im Wandel", doch die Verteidigung der Notenbank-Unabhängigkeit dominiert. "Es ist eine einheitliche Front", sagte David Beckworth vom Mercatus Center. "Jackson Hole und andere Konferenzen sind für Zentralbanker wie ein Kirchgang. Sie kommen zusammen, tauschen sich aus und vertreten sehr ähnliche Ansichten." (mb/Bloomberg)