Die Schweizerische Nationalbank (SNB) will künftig nach jeder Zinssitzung eine Zusammenfassung ihrer Beratungen veröffentlichen. Damit verabschiedet sich die Notenbank ein Stück weit von ihrer bisher strikten Vertraulichkeit.

SNB-Präsident Martin Schlegel kündigte am Mittwoch (10.9.) an, dass die erste Publikation vier Wochen nach der Zinsentscheidung vom 25. September erscheinen soll. Zwar würden keine individuellen Positionen genannt, doch solle dargestellt werden, wie das Direktorium zu seiner Einschätzung gelangt sei – ähnlich wie bei anderen großen Notenbanken.

"Sie wird die zwei Tage der geldpolitischen Lagebeurteilung umfassen und unsere Einschätzung der Wirtschafts- und Währungslage darlegen", sagte Schlegel in Vezia. "Diese neue Zusammenfassung wird die wichtigsten Punkte aus den Diskussionen des Direktoriums enthalten. Sie soll das Verständnis verbessern, wie wir unser geldpolitisches Konzept in der konkreten Situation anwenden."

Weniger Details als bei Fed & Co.
Das Dokument werde weniger detailliert sein als die Protokolle der Federal Reserve, der Bank of England oder die Berichte der EZB. Da die SNB eine einheitliche Kommunikation verfolgt, würden die Überlegungen "kollektiv" präsentiert, betonte Schlegel.

"Mehr Transparenz ist indes nicht immer besser", sagte Schlegel. "Von zentraler Bedeutung ist es, dass das Direktorium bei seinen geldpolitischen Lagebeurteilungen offen diskutieren kann. Die Information über diese Diskussionen darf die Teilnehmenden nicht davon abhalten, ihre Meinung frei zu äußern."

Bruch mit der Ära Jordan
Beobachter werten den Schritt als bemerkenswert – sowohl für die Schweiz, wo Entscheidungsprozesse traditionell hinter verschlossenen Türen stattfinden, als auch für die SNB selbst, die lange auf Diskretion setzte. Für Schlegel könnte dies der bislang größte Bruch mit der Linie seines Vorgängers Thomas Jordan sein, der vor knapp einem Jahr ausschied.

Jordan hatte im Mai 2024 noch betont, dass er den bisherigen Kurs für richtig halte. Dennoch öffnete auch er die Kommunikation vorsichtig: 2020 begann die SNB mit vierteljährlichen statt jährlichen Daten zu Devisenmarktinterventionen, zwei Jahre später verdoppelte sie die Zahl ihrer Pressekonferenzen auf vier pro Jahr.

Weitere Schritte zu mehr Offenheit
Schlegel erklärte zudem, künftig auch Präsentationen von Direktoriumsmitgliedern bei externen Veranstaltungen veröffentlichen zu wollen. Für die Märkte sei jedoch vor allem die neue Zusammenfassung entscheidend. Investoren erhielten so jedes Quartal zusätzliche Einblicke – ein neuer Fixpunkt für den Handel mit dem Franken.

Die erste Veröffentlichung wird Ende Oktober erwartet, vier Wochen nach der Zinssitzung am 25. September. Schlegel ließ offen, ob das Dokument nur die drei stimmberechtigten Mitglieder – Schlegel, Vizepräsident Antoine Martin und Petra Tschudin – umfassen wird oder auch die stellvertretenden Direktoren.

"Für Zentralbanken ist es zum Standard geworden, über ihre geldpolitischen Diskussionen zu berichten", sagte Schlegel. "Die Berichte sind dabei auf die jeweilige Zentralbank zugeschnitten. Unsere Zusammenfassung wird den rechtlichen und institutionellen Rahmen sowie die besonderen Verhältnisse der Schweiz widerspiegeln."

Spekulationen über mögliche Negativzinsen
Besonders spannend für Anleger: Angesichts schwacher Inflation und eines starken Franken wird spekuliert, ob die SNB erneut Negativzinsen einführt – und damit als erste große Notenbank nach drei Jahren wieder unter null geht. (mb/Bloomberg)