Der 34f steht auf der Kippe: Was das für Vermittler bedeutet
FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch über die Pläne der Koalition, gewerbliche Finanzanlagenvermittler unter Bafin-Aufsicht zu stellen.
Worte wie Hammer, Paukenschlag oder Keule werden im Journalismus viel zu oft gebraucht, meist verbirgt sich hinter einer entsprechenden Schlagzeile nur ein Hämmerchen, das vielleicht einen blauen Fleck verursacht, sicherlich aber keinen Beinbruch. Doch in diesem Fall sind solche Vokabeln tatsächlich angebracht: Im Raum steht ein Berufsverbot für 37.432 Bundesbürger. So viele Finanzanlagenvermittler mit Erlaubnis gemäß Paragraf 34f Gewerbeordnung (GewO) waren Anfang Januar beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag registriert.
Aber von vorne: Union und SPD wollen laut Entwurf des Koalitionsvertrages "die Aufsicht über die freien Finanzanlagenvermittler schrittweise auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht übertragen". Damit würden sie einer alten Forderung der Bankenlobby nachkommen.
Die SPD hat sich durchgesetzt
Die Formulierung im Koalitionsvertrag ist hinreichend unpräzise, aus ihr ließen sich verschiedene Optionen ableiten (FONDS professionell ONLINE berichtete). Zwar ist theoretisch denkbar, dass die Vermittler weiterhin der Gewerbeordnung unterliegen und die Bafin nur ihre Überwachung übernimmt, sonderlich praktikabel klingt das aber nicht. Wahrscheinlicher ist, dass der Paragraf 34f GewO schlicht abgeschafft wird. Die Vermittler müssten sich um eine eigene KWG-Lizenz oder den Anschluss an ein Haftungsdach bemühen, das die entsprechende Erlaubnis schon besitzt.
Der Plan, die Fondsvermittlung ausschließlich KWG-Instituten zu überlassen, kommt für die Branche unerwartet. Allerdings mussten sich die freien Fondsmakler immer schon im Klaren darüber sein, dass für sie nur eine "Bereichsausnahme" gilt. Es gehört seit jeher zu ihrem Berufsrisiko, dass der Gesetzgeber eine solche Ausnahmeregel im Fall der Fälle recht schnell kippen kann. In Berlin machten sich zuletzt nur noch die CDU und die FDP für den 34f stark, wie eine Umfrage von FONDS professionell aus dem vergangenen Jahr zeigte. In diesem Punkt hat sich in den Koalitionsverhandlungen offensichtlich die SPD durchgesetzt.
Gute Berater und große Vertriebe schlüpfen unter ein Haftungsdach...
Ob der 34f tatsächlich abgeschafft wird, ist offen. Erstens handelt es sich noch um den Entwurf des Koalitionsvertrages, zweitens wird bekanntlich längst nicht jeder Punkt aus einem solchen Dokument auch wirklich umgesetzt. Finanzvertriebe wie die DVAG oder die Versicherer mit ihren Ausschließlichkeitsorganisationen, die im Investmentgeschäft zumeist auf 34f-Basis arbeiten, sind in Berlin bekanntlich gut verdrahtet.
Gesetzt den Fall, der 34f kippt wirklich: Was hieße das für Vermittler? Die professionellen Berater, die heute schon auf hohem Niveau arbeiten, werden problemlos ein Haftungsdach finden, unter dem sie ihr Geschäft ohne allzu große Einschränkungen fortführen können. Die großen Maklerpools bieten entsprechende Lösungen schon an oder haben sie zumindest in der Schublade.
... die kleinen Makler bleiben auf der Strecke
Große Vertriebe können ein eigenes KWG-Institut gründen oder eine Bank mit den entsprechenden Dienstleistungen beauftragen. Als Paradebeispiel darf die Fondsdepot Bank gelten, die als Haftungsdach für rund 22.000 Allianz-Vertreter dient. In einem engen, genau definierten Korsett mit standardisierten Beratungsprozessen lässt sich das Fondsgeschäft über eine solche Plattform gut darstellen. Ähnlich standardisiert müsste auch die Prüfung laufen, sonst könnte die Bafin ihren neuen Auftrag gar nicht stemmen.
Auf der Strecke blieben die kleinen Makler, die schon die Pflichten des 34f stöhnen lassen. Eine weitere Marktbereinigung wäre unumgänglich, denn der Anschluss an ein unabhängiges Haftungsdach kostet Geld und ist an Auflagen geknüpft, die nicht jeder Vermittler erfüllen kann oder mag. Schon die Kosten für ein umfassendes und Bafin-taugliches Testat eines Wirtschaftsprüfers könnten manches Geschäftsmodell sprengen. Zur Erinnerung: Bereits als der 34f vor fünf Jahren eingeführt wurde, gab fast jeder zweite Vermittler sein Fondsgeschäft auf. Vielleicht folgt jetzt der zweite große Einschnitt in den Markt.
Dem Verbraucher hilft es nicht
Ein solcher Schritt wäre gerechtfertigt, wenn er den Verbraucherschutz wirklich voranbringen würde. Doch das ist nicht der Fall. Zum einen haben die freien Vermittler seit der 34f-Einführung beinahe die gleichen Pflichten zu erfüllen wie ein Bankberater. Ein Privatanleger wird bei einem 34f-Vermittler, der seinen Job ernst nimmt, in der Regel wohl besser – weil unabhängiger und persönlicher – beraten als in einer Filialbank. Zum anderen wäre es fahrlässig, den Zugang zu einer qualifizierten Anlageberatung weiter zu erschweren. Und genau darauf würde eine noch schärfere Regulierung der freien Vermittler hinauslaufen.
Kommentare
Abschaffung 34 f
AntwortenWer führt eigentlich ein Haftungsdach für dumme Gesetzesentwürfe durch unsere Politiker ein?? Mal ehrlich wo bleibt hier die Vernunft. Wer hat jahrzente lang eine Misswirtschaft mit unserer deutschen Rentenversicherung betrieben. Hier wäre mal Verbraucherschutz angesagt und Ehrlichkeit. Hier sehe ich persönlich auch meine Passion drin in meiner beruflichen Tätigkeit. Den zukünftigen Rentner durch eben das Investmentgeschäft ein Ruhestandsleben in Wohlstand und nicht in Rente zu ermöglichen, ohne Flaschen sammeln zu müssen. Nachdem dies sicherlich nicht mit der staatlichen Rente möglich sein wird. Und dafür werden einem wieder neu Steine in den Weg gelegt.
BB1973 am 09.02.18 um 22:11GroKo
AntwortenNachdem die CDU der SPD mehr gegeben hat, als sie in den Jamaika-Verhandlungen zugestehen wollte, und jeglichen Gestaltungswillen aufgegeben hat - die Kanzlerin hat zwar die Richtlinienkompetenz, aber es wurde noch nie beobachtet, dass Frau Merkel diese verwendet hätte -, darf die SPD mit ihrem Zentralisierungs-, Überwachungs- und Regulierungswahn voll aufdrehen. Es ist ja auch soviel leichter, ein paar große Player zu überwachen als viele kleine. Verkauft wird das als "Verbraucherschutz", wobei jeder ahnt, was herauskommt, wenn die Anzahl der Anbieter kleiner wird. Die Politiker begreifen wohl nicht, dass der Teil der Branche, der das Geld der Kunden nie direkt in den Fingern hat, sondern sich ausschließlich um die Beratung kümmert, anders reguliert werden muss als (Groß-)Banken. Stichwort MiFID II: Ist es Verbraucherschutz, wenn sich Politiker - von keinerlei Fachkenntnis beschwert - aufschwingen, dem Anleger zu sagen, was er tun darf und was nicht? Dieselben Politiker, die das für die Altersvorsorge mühsam angesparte Geld ihrer Wähler kräftig besteuern wollen, während sie selbst solche Sorgen nicht haben, Stichwort Pensionen. Wir entfernen uns immer weiter von einer freiheitlich verfassten Ordnung.
urenner@zsh.de am 08.02.18 um 10:25AfW Berlin
AntwortenSpätestens jetzt müssen die restlichen der 37432 Mitglied im Verband werden. Sonst ist es gar aus mit uns.
v.fleischhauer@finanzconsulting.de am 07.02.18 um 17:47Verbraucherschutz??
AntwortenIch denke nicht, dass wir an das Märchen vom Verbraucherschutz glauben sollten, bei all dem Unfug, den die Marktteilnehmer mit MiFID II umsetzen müssen. Es handelt sich nach meiner Überzeugung vielmehr um strategische Schritte der großen Player der Finanzindustrie, die man unter dem Mantel Verbraucherschutz unters Volk bringt. Ähnlich den Tierversuchen der Autoindustrie, welche offensichtlich aus Marketinggründen veranlasst wurden. Es geht vielmehr erstens um die Enthaftung der Finanzindustrie (also dem Gegenteil von Verbraucherschutz) und zweitens um die Verdrängung der kleinen Marktteilnehmer (was ja zunehmend gelingt, da immer mehr „32er“ ihre Lizenz zurückgeben). Da passt der Vorstoß gut ins Bild auch die 34f -ler unter BaFin Aufsicht zu stellen. Falls es jemand noch nicht so genau weiß, die Gesetze werden im wesentlichen von den Juristen des Bankenverbandes geschrieben. Die seriösen Finanzdienstleister und Vermögensverwalter haben vorher seriös beraten und werden dies auch zukünftig tun. Die unseriösen wird man mit diesem Bürokratiewahn nicht von ihrem Fehlverhalten abbringen können. Verbraucherschutz ist, wenn sich der Verwalter um Markt- und Produktresearch kümmert, um seriös und individuell beraten zu können. Stattdessen ist er genötigt, 80% des Tages mit bürokratischen Lasten zu verbringen.
distefano am 07.02.18 um 17:28