Deutschland verstößt seit mittlerweile fast anderthalb Jahren gegen EU-Recht. Gewerbliche Finanzberater arbeiten immer noch auf Basis der "alten" Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV), die seit ihrer Einführung 2013 nur in homöopathischen Dosen überarbeitet wurde. Dort fehlen wesentliche Pflichten aus der Mifid II, die laut EU-Finanzmarktrichtlinie längst auch für Vermittler mit Erlaubnis gemäß 34f Gewerbeordnung gelten müssten. Solche Extrawürste außerhalb der Bankenwelt erlaubt Brüssel nämlich nur, wenn vergleichbare Regeln herrschen, etwa mit Blick auf die Aufzeichnung von Telefongesprächen oder die Kostentransparenz.

Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium hatte die Novelle bereits mehrfach angekündigt – zunächst schon für den Herbst 2017, dann für den Herbst 2018 und schließlich für den März 2019. Vor wenigen Wochen war dann von einer Verabschiedung "im ersten Halbjahr" die Rede, doch auch diese Frist ist nicht zu halten (FONDS professionell ONLINE berichtete). Mittlerweile nennen Kenner des Berliner Politkosmos' Daten im September und Oktober.

Regierungskrise als Gefahr
Viele 34f-Vermittler mögen angesichts dieser Nachricht erleichtert aufatmen: In der Praxis müssen sie zwar schon viele Mifid-II-Auflagen erfüllen, damit die Fondsbanken als depotführende Stellen ihre Aufträge überhaupt annehmen, aber zumindest aufsichtsrechtlich können sie ihr Geschäft bis auf weiteres wie gewohnt fortsetzen. Niemand hat Lust auf die neuen Regeln, zumal viele schon die "alte" FinVermV als harte Regulierung begreifen. Doch angesichts der Regierungskrise in Berlin ist diese Einstellung kurzsichtig. Die SPD debattiert offen, die Koalition mit der CDU/CSU zu beenden. Plötzlich wird wieder über eine mögliche rot-rot-grüne Bundesregierung diskutiert.

Zur Erinnerung: Union und FDP sind die einzigen Parteien im Bundestag, die sich weiterhin für gewerbliche Finanzanlagenvermittler einsetzen. Alle anderen möchten diesen Berufsstand genauso streng reguliert sehen wie Banken und andere Finanzinstitute. Sie würden die "Bereichsausnahme" für 34f-Vermittler lieber heute als morgen streichen – und mit ihr die dazugehörige Verordnung. Gewerbliche Finanzberater sollten daher hoffen, dass die FinVermV-Novelle möglichst schnell verabschiedet wird und sich als praxistauglich erweist. Denn das würde die Wahrscheinlichkeit zumindest erhöhen, dass eine neue Regierung ihren Berufsstand noch eine Weile unangetastet lässt.