Indexfonds als Risiko: Ohne Schwarm keine Schwarmintelligenz
FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch über potenzielle Kollateralschäden, wenn passive Investments überhandnehmen.
Vor einigen Wochen vermeldete Morningstar eine Zahl, die hierzulande mehr Aufmerksamkeit verdient hätte: Dem Analysehaus zufolge steckte Ende 2023 in den USA erstmals mehr Geld in Index- als in aktiv verwalteten Publikumsfonds. Das ist ein Meilenstein, bei dem unklar ist, ob man ihn feiern sollte.
Für Indexinvestments spricht, dass sie aus Sicht des einzelnen Anlegers ein sehr effizientes Instrument der Geldanlage sind. Gegen sie, dass die allermeisten Indizes gar nicht dafür konstruiert wurden, sie als Basis eines Investments zu nutzen. Dass sie massenhaft dafür zweckentfremdet werden, kann potenziell großen Schaden anrichten.
Die Qualität der Allokationsentscheidung leidet
Beliebte Indizes wie MSCI World, S&P 500 oder Dax wurden aufgelegt, um die Entwicklung eines Marktes nachzuvollziehen. Sie sind das Ergebnis der Allokationsentscheidungen aktiver Manager, die Aktien guter Unternehmen kaufen und Titel schlechter Firmen verkaufen. Wer in solche Marktbarometer investiert, kopiert lediglich ihre Entscheidungen.
Solange das in einem überschaubaren Umfang passiert, ist das unkritisch. Problematisch wird es erst, wenn es überhandnimmt. Wenn immer weniger Menschen sich ein Urteil darüber zutrauen, welche Unternehmen ihr Geld verdient haben und welche nicht, und immer mehr Menschen diesem Urteil unreflektiert folgen, leidet darunter die Qualität der Allokationsentscheidung. Schwarmintelligenz kann ohne Schwarm nicht funktionieren. Und Schwarmdummheit schadet nicht nur den Anlegern, sondern der gesamten Volkswirtschaft.
Kommentare
Schön zusammengefasst, hier droht eine große Gefahr für die Märkte! Doch alle Postillen tuten in das selbe Horn, oder?
AntwortenLieber Herr Mikosch, wie in meiner Überschrift genannt. In der Tat droht eine große Gefahr aus Index-Fonds, die in meinen Augen weit überschätzt sind. Was die Gefahren angeht jedoch in der Regel weit UNTERschätzt werden. Allerdings wird dies auch daher, bei nahezu sämtliche Postillen und Medien immer wieder ETFs propagieren. Es wird einfach unterschlagen, dass es hunderte (!!!) aktive Fonds am Markt gibt, die die Indizes dauerhaft schlagen. Aber eine Schlagzeile wie "60, 70 oder 80 %" der aktiven Fondsmanager schaffen es nicht, den Index zu schlagen, verkauft sich scheinbar besser. Und zugegeben: wenn man auf die Auswahl einer Sparkasse oder Bank beschränkt ist, die ausschließlich oder überwiegend die hauseigenen Produkte empfiehlt, kann man möglicherweise tatsächlich besser mit einem ETF fahren. Man sollte sich also tunlichst Berater mit einer freien Auswahl suchen und diese prüfen! Mir wird übel, wenn ich daran denke, wie viele z.B. Honorar"berater" aus möglicherweise purer Bequemlichkeit (denn die Suche nach den aktiven Fonds-Perlen erfordert Arbeitsaufwand und Überwachung!) ausschließlich ETFs empfehlen. Weil sie ja so kostengünstig seien. Über die Klumpenrisiken in den Indizes, die Tatsache dass oder wie denn bitteschön zum Beispiel der MSCI World tatsächlich ein weltweites Investment darstellen soll und auch dem maximalen rückgängig, die diese Indices zu verzeichnen hatten wird sehr gerne geschwiegen. Noch kein Kunde in meiner Laufbahn hat die Risiken zum Beispiel von DAX-Index und MSCI World richtig benannt (gemessen an den tatsächlichen maximalen Indexrückgängen von einem vorherigen Hoch aus) - und erst von mir davon erfahren, viele haben erschrocken die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen, weil es ihnen der Bank – oder Honorarberater bisher nie offenbart hat. Abgesehen davon hatte ich noch nicht einen Kunden, der mir auch nur die Top Ten oder Top Twenty des jeweiligen Index hätte nennen konnte. Dass die Indizes in ihrer Zusammensetzung zudem schon konstruktionsbedingt immer eine Vergangenheitsbetrachtung sind stellt einen weiteren großen Nachteil dar. Da lobe ich mir aktives Management, das Krücken sofort entfernen kann und nicht erst monatelang auf eine Indexanpassung warten muss (ich sage nur "Wirecard & Co.") und zudem vorausschauend investieren kann, lange bevor einen Wert in einem Index landet oder eine höhere Gewichtung erhält. Von all den anderen Vorteilen aktiven Managements einmal ganz zu schweigen. So klumpen sich unter der "Geiz ist geil"-Mentalität also munter die Risiken (als Parade Beispiel natürlich sei nur einmal genannt der USA Anteil im MSCI World und darin wiederum der Anteil der Magnificent Seven oder Fantastic Four) und werden bei einem veritablen Crash die Panikverkäufe der unwissenden Anleger die Baisse verstärken und nähren. Die Ungebildetheit zum Beispiel der Deutschen im Finanzbereich verschärft das ganze natürlich noch, manch einer kommt sich vielleicht sogar ganz klug damit vor, ETFs zu kaufen ("ich schlage meiner Bank ein Schnippchen) ohne die -vorhandenen!- überragenden aktiv gemanagten Alternativen tatsächlich zu kennen. Macht die Augen auf liebe Leute und sucht die in der Auswahl unabhängigen Berater, völlig unabhängig von der Vergütungform, und lasst Euch die Track-Records dieser Berater geben. Entscheidend ist einzig und allein, was nach allen Kosten und Gebühren an Rendite herauskommt! Und wer billig kauft, kauft zweimal – oder womöglich danach nie mehr wieder (siehe Anlagementalität der Deutschen und Aufteilung der aktuellen Vermögenswerte). Also lieber Herr Mikosch, ich gebe Ihnen völlig recht, leider müssen wir hier in der breiten Masse von Schwarmdummheit (was Finanzwissen und darauf basierende Entscheidungen) angeht ausgehen. Ein Versagen der Politik, schon seit Jahren sollte es z.B. ein Fach namens Wirtschaft in der Schule geben, mein Sohn am Gymnasium in der zehnten Klasse hat davon noch nichts gesehen. Aber schauen Sie auch bitte einmal kritisch in den Spiegel, denn auch Fonds professionell stößt immer wieder in das ETF Horn. Vielleicht können Sie das ja einmal für sich kritisch überdenken?! Sie könnten ja einmal eine diesbezügliche Artikelreihe aufsetzen. Und vielleicht kommt dann ja einmal, für den Laien total überraschend heraus, dass es z.B. aktiv gemanagte, weltweit flexibel investierende Mischfonds gibt, die in den letzten 15 Jahren eine höhere Rendite als zum Beispiel der DAX Index hatten - bei weniger als der HÄLFTE des Risikos des DAX-Index! "Mehr Rendite, bei weniger Risiko - NACH allen Kosten", das gibt es nur bei aktiv gemanagten Fonds. Aber das scheint ja leider KEINE Schlagzeile wert zu sein...Lieber weiter auf ETF-Schläfer und das ungerechtfertigte ETF-Narrativ setzen? Liebe Grüße!
schutzwürdig am 08.05.24 um 21:57AW: Schön zusammengefasst, hier droht eine große Gefahr für die Märkte! Doch alle Postillen tuten in das selbe Horn, oder?
AntwortenAu Mann .... es fehlt der Platz, all die "Fehler" bzw. widerlegbaren Behauptungen in diesem Artikel und dem Kommentar an dieser Stelle zu diskutieren: gerd-kommer.de/wissen/. In Ruhe mal mit allem beschäftigen und ausblenden, woran man selbst im Moment und seit Jahren glaubt.
Weißkopf am 01.06.24 um 12:24